Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 19.03.1996; Aktenzeichen S 6 U 67/95) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 19.3.1996, Az: S 6 U 67/95 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Kläger bei seinem Unfall vom Juli 1994 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der 1929 geborene Kläger war früher als Maurer tätig. Seit Anfang 1993 erhält er vom zuständigen Rentenversicherungsträger eine Versichertenrente.
Seit 1984 half der Kläger seiner Schwester, S. H., nach dem Tod ihres Ehemannes häufig bei handwerklichen Arbeiten. 1988 zog in deren Haus ihr Schwiegersohn ein. Daraufhin verrichtete der Kläger für seine Schwester nur noch ca. einmal im Jahr Arbeiten, wenn seine Kenntnisse als Maurer gefragt waren. Seinen Angaben zufolge trifft er seine Schwester alle 2 Wochen beim Kegeln und ansonsten bei Familien- oder Ortsfesten. Sie wohnt etwa 1 km von ihm im gleichen Ort entfernt.
Am 27.7.1994 bat die Schwester der Klägers diesen, auf ihrem Grundstück, einem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen, einen neuen Kanaldeckel anzubringen. Zuvor waren als Deckel Holzbohlen eingesetzt gewesen, die durch das Befahren des Anwesens mit schweren Fahrzeugen wiederholt defekt geworden waren. Deshalb sollte ein gußeiserner Kanaldeckel verwandt werden, der rundherum eingeschalt werden mußte, um ihn einzubetonieren. Zunächst versuchte der Kläger, dem Schwiegersohn seiner Schwester die Arbeit zu erläutern. Der Kläger erklärt hierzu, dies habe nicht „geklappt”, da die Arbeiten für den Schwiegersohn zu schwierig gewesen seien.
Der Schwiegersohn der Schwester, welcher dem Kläger bei den auf ca 6 Stunden angesetzten Arbeiten zur Hand gehen sollte, hatte den neuen Kanaldeckel und die sonstigen erforderlichen Baumaterialien und Werkzeuge (außer der Kreissäge, die in dem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen vorhanden war) besorgt. Beim Zuschneiden eines Schalbrettes mit der Kreissäge zog sich der Kläger eine traumatische Fingerabtrennung zu, die zur Amputation des Mittelfingers und Teilamputation des Zeige- und Ringfingers seiner linken Hand führte.
Mit Bescheid vom 15.12.1994 lehnte der Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung hieß es, der Kläger sei bei dem Unfall nicht nach § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung –RVO– versichert gewesen, weil die zum Unfall führende Tätigkeit ihr gesamtes Gepräge durch die verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Kläger und seiner Schwester erhalten habe. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 21.3.1995 zurückgewiesen.
Durch Urteil vom 19.3.1996 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, das Ereignis vom 27.7.1994 als Arbeitsunfall zu entschädigen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger sei bei der zum Unfall führenden Tätigkeit wie ein Arbeitnehmer tätig geworden, weshalb die Voraussetzungen des § 539 Abs. 2 RVO erfüllt seien. Die unfallbringende Tätigkeit sei nicht allein durch das Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Schwester geprägt gewesen. Zum einen sei eine personenbezogene Beistandsleistung, z.B. die Pflege eines Angehörigen, eher allein durch das persönliche Verhältnis zwischen den beteiligten Personen bestimmt als z.B. eine Bautätigkeit. Zum anderen habe es sich vorliegend um eine besonders komplizierte Einschalungsarbeit gehandelt, die sich grundlegend von typischen Gefälligkeitshandlungen, z.B. dem Rasenmähen, der Betreuung von Haus und Hof während des Urlaubs, dem Zerkleinern von Brennholz oder dem Absägen einiger Obstbaumäste anläßlich eines Verwandtenbesuchs, unterschieden habe. Die vorliegend zu erledigende Arbeit habe spezieller Kenntnisse bedurft, über die nur ein Maurer, Betonfacharbeiter oder Einschaler verfüge. Für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit spreche auch die geringe Intensität der verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Personen.
Gegen dieses ihm am 8.5.1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.5.1996 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung des Beklagten.
Er trägt vor: Entgegen der Auffassung des Klägers sei dessen Mithilfe bei den Kanalbauarbeiten keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne von § 539 Abs. 2 RVO gewesen. Er, der Beklagte, stütze sich hierin auf die Urteile des BSG vom 30.7.1987 (Az: 2 RU 17/86) und 20.4.1993 (Az: 2 RU 38/92). Vorliegend könne die Würdigung der Gesamtumstände, insbesondere unter Berücksichtigung des geringen Zeitaufwandes von maximal 4–6 Stunden, der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen dem Kläger und seiner Schwester sowie seiner besonderen handwerklichen Kompetenz aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Maurer, zu keiner anderen Beurteilung der Frage des Versicherungsschutzes führen als in den angeführten Entscheidungen des BSG. Dem Umstand, daß die Tätigkeit...