Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Tod des Leistungsberechtigten. Einrichtungsträger als Rechtsnachfolger. Nichtanwendbarkeit des § 28 Abs 2 BSHG bei Tod des Leistungsberechtigten nach Leistungsbewilligung und Kenntnis des Einrichtungsträgers von der Leistungshöhe. teleologische Reduktion
Orientierungssatz
Der Anwendungsbereich von § 28 Abs 2 BSHG ist im Wege der teleologischen Auslegung dahingehend zu reduzieren, dass er Fälle, in denen dem Hilfebedürftigen bindend durch Bescheid Leistungen gewährt wurden und auch die leistungserbringende Einrichtung hierüber Kenntnis hatte, nicht erfasst.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 24.05.2011 - S 16 SO 110/08 - wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung weiterer aufgrund der Heimunterbringung des verstorbenen M W (Hilfeempfänger) in dem Zeitraum vom 29.11.2001 bis zum 31.10.2002 entstandener Kosten in Höhe von (iHv) 3.188,33 € nebst Zinsen.
Die Klägerin war bis zum 31.12.2007 Trägerin der Pflegeeinrichtung Pro Seniore Residenz H , G , 2 H , einer durch Versorgungsvertrag nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) zugelassenen Pflegeeinrichtung. Für Art und Umfang der pflegerischen Versorgung galt für die Vertragsparteien der Rahmenvertrag über die vollstationäre pflegerische Versorgung gemäß § 75 SGB XI für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 10.07.1997. Die Vergütung für erbrachte Pflege, Betreuung, Unterkunft und Investition war in einer Vergütungsvereinbarung für vollstationäre Pflege nach § 85 SGB XI vom 29.06.2000 auch für die hier Verfahrensbeteiligten festgelegt.
Der 1920 geborene Hilfeempfänger befand sich nach einem Krankenhausaufenthalt im evangelischen Krankenhaus A, H, in der Zeit vom 29.11.2001 bis zum 31.10.2002 zur vollstationären Pflege in der Pro Seniore Residenz H . Diesem Aufenthalt lagen zwei Wohn- und Dienstleistungsverträge zwischen dem Hilfeempfänger und der Klägerin vom 29.11.2001 und vom 27.12.2001 zugrunde. Vereinbart war ein tägliches Entgelt iHv 147,84 DM (75,59 €), das sich aus einem Pflegesatz iHv 67,85 DM (34,69 €), einem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung iHv 41,35 DM (21,14 €) und einer Verrechnung von Investitionskosten iHv 38,64 DM (19,76 €) zusammensetzte. Die Rechnungsstellung erfolgte gegenüber dem Hilfebedürftigen. Die zu zahlenden Entgelte waren jeweils im Voraus bis zum Ersten eines jeden Monats fällig. Mit Fax vom 29.11.2001 wies der Sozialdienst des evangelischen Krankenhauses A (Frau W ) die Beklagte auf die Verlegung des Hilfebedürftigen in die Pro Seniore Residenz H am 29.11.2001 hin und beantragte die Übernahme der verbleibenden Heimkosten für diesen. Der Hilfeempfänger bezog im Dezember 2001 eine Altersrente iHv netto 1.539,32 DM (ab Januar 2002 iHv 787,04 €) und eine Witwerrente iHv 80,78 DM (ab Januar 2002 iHv 41,30 €).
Die IKK H Pflegekasse (IKK) bewilligte dem Hilfebedürftigen mit Bescheid vom 13.12.2001 Leistungen nach der Pflegestufe II ab dem 29.11.2001 in Form der Übernahme der Kosten für die vollstationäre Pflege in einer Höhe von 2.500,00 DM bzw 75 % des Heimentgelts. Mit Bescheid vom 05.04.2002 bewilligte die IKK für den Hilfeempfänger nochmals Leistungen nach der Pflegestufe II ab dem 27.12.2001 und sagte wiederum die Übernahme der Kosten für die vollstationäre Pflege iHv 1.279,00 € bzw 75 % des Heimentgelts zu. Der Betrag wurde monatlich an die Pflegeeinrichtung gezahlt.
Die den Hilfeempfänger kraft Vorsorgevollmacht vom 27.02.2002 vertretende Frau B C stellte bei der Beklagten am 08.03.2002 einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe, nachdem sie sich am 21.02.2002 telefonisch nach den zur Prüfung der Kostenübernahme von ungedeckten Heimkosten benötigten Unterlagen erkundigt hatte. Nach Vorlage aller Unterlagen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 19.07.2002 die ungedeckten Heimkosten des Hilfebedürftigen dem Grunde nach ab dem 01.03.2002 und teilte gleichzeitig mit, dass die Zahlung bis einschließlich Ende Juni 2002 bereits an die Pflegeeinrichtung erfolgt sei. Diese erhielt eine Durchschrift des Bescheids. Mit Leistungsbescheid vom 19.07.2002 gewährte die Beklagte dem Hilfebedürftigen Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung vom 01.03.2002 bis 31.05.2002. Dabei wurde die beantragte Leistung iHv 1.049,29 € anerkannt und gleichzeitig ein Kostenbeitrag iHv monatlich 546,61 € festgesetzt, woraus sich ein Leistungsbetrag von 502,68 € ergab, der direkt an die Pflegeeinrichtung gezahlt wurde. Die Beklagte berücksichtigte bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens die Rentenbezüge des Hilfebedürftigen abzüglich der in den Leistungsmonaten noch zu zahlenden Miete für seine vorherige Wohnung iHv 273,29 €. Mit weiterem Leistungsbescheid vom 19.07.2002 bewilligte die Beklagte für Juni 2002 Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung ...