Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabe durch Verpachtung. Keine Rückwirkung schriftlicher Pachtverträge
Orientierungssatz
Für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des Altersgeldes, insbesondere bei der Auslegung von Verträgen im Zusammenhang mit der Hofabgabe (GAL § 2 Abs 3), ist das öffentliche Recht maßgebend, weil der Anspruch auf Gewährung von Altersgeld dem öffentlichen Recht angehört. Die Prüfung richtet sich nicht danach, welche Auslegungsmöglichkeiten privat-rechtliche Vorstellungen bieten.
Verträge über Verpachtungen sind nur dann als Entäußerungshandlungen iS des GAL § 2 Abs 3 anzuerkennen, wenn sie schriftlich auf künftige 9 Jahre abgeschlossen wurden (vgl BSG vom 1972-03-08 11 RLw 6/70 = Breith 1972, 768). Die gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Abgabevoraussetzungen können deshalb nicht durch bürgerlich-rechtliche Auslegungsgrundsätze umgangen werden.
Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 07.09.1978; Aktenzeichen S 6 Lw 11/77) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 7. September 1978 aufgehoben und die Klage gegen den Leistungsbescheid vom 8. Dezember 1977 abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der 1906 geborene Kläger beantragte am 8. Juli 1976, ihm Altersgeld zu gewähren. Dazu legte er einen Pachtvertrag vom 1. Juli 1976 vor, mit dem er 34,85 ha Land an die Betriebsgemeinschaft D. für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis 30. Juni 1985 verpachtet hatte. Auf Anregung der Beklagten schloß der Kläger am 17. März 1977 ebenfalls mit der Betriebsgemeinschaft D. eine schriftliche Zusatzvereinbarung, derzufolge weitere „im Pachtvertrag vom 1. Juli 1976 nicht aufgeführte” 0,9253 ha Land „rückwirkend ab 1. Juli 1976 in die Verpachtung mit einbezogen” wurden.
Am 26. Oktober 1977 erhob der Kläger zum Sozialgericht Speyer, Zweigstelle Mainz – ab 1. 1. 1978 Sozialgericht Mainz – (SG) Untätigkeitsklage und übersandte der Beklagten mit Schriftsatz vom 10. November 1977 eine Ergänzungsvereinbarung vom 1. Juli 1977, in der hinsichtlich der in der Zusatzvereinbarung genannten Fläche von 0,9253 ha eine Laufzeit bis 30. Juni 1986 festgelegt ist. Daraufhin gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 8. Dezember 1977 Altersgeld ab 1. Juli 1977 und teilte ihm durch Bescheid vom gleichen Tag mit, daß seine Beitragspflicht ab 1. Juli 1976 entfallen sei, weil die von ihm ab diesem Zeitpunkt noch bewirtschaftete Nutzfläche nicht mehr die vorgeschriebene Mindesthöhe erreicht habe.
Im Verlaufe des weiteren Klageverfahrens erklärte der Kläger die Untätigkeitsklage für erledigt und begehrte nunmehr die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Altersgeld bereits ab 1. Juli 1976. Er trug vor, durch den Pachtvertrag vom 1. Juli 1976 habe er seinen gesamten Betrieb an die Betriebsgemeinschaft Diehl verpachtet. Später habe sich dann herausgestellt, daß in diesem Pachtvertrag versehentlich die Fläche von 0,9253 ha nicht aufgeführt worden sei. Durch die Zusatzvereinbarung sei dieser Irrtum richtiggestellt worden. Den übereinstimmenden Villen der Vertragsschließenden, mit dem Abschluß des Pachtvertrages vom 1. Juli 1976 ab diesem Zeitpunkt die Verpachtung sämtlicher zu dem Betrieb gehörenden Nutzflächen gewollt zu haben, könnten die Pächter, die Angehörigen der Betriebsgemeinschaft Diehl, bestätigen. Tatsächlich sei die Bewirtschaftung aller verpachteten Grundstücke auch bereits am 1. Juli 1976 auf die Betriebsgemeinschaft D. übergegangen.
Das SG hat die Beklagte am 7. September 1978 verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis zum 30. Juni 1977 Altersgeld (nach-) zu zahlen und gegen das Urteil die Berufung zugelassen. Es hat im wesentlichen ausgeführt, aus den ganzen Umständen ergebe sich, daß Gegenstand des Pachtvertrages vom 1. Juli 1976 von vorneherein und ohne irrtümlich abweichende Vorstellungen einer Vertragspartei das gesamte unternehmen des Klägers sein sollte. Demgegenüber spiele es keine entscheidende Rolle, daß in dem Pachtvertrag versehentlich eine kleinere Flächengröße nicht aufgeführt worden sei. Nach den im bürgerlichem Recht geltenden Grundsätzen sei letztlich der wahre Wille der Vertragsschließenden ausschlaggebend. Er müsse auch dort gelten, wo das Gesetz wie bei der Abgabe eines Unternehmens als Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung, Schriftlichkeit fordere.
Die Beklagte hat gegen das am 29. September 1978 zugestellte Urteil am 13. Oktober 1978 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die in dem Pachtvertrag vom 1. Juli 1976 nicht aufgeführte Nutzfläche von 0,9253 ha habe mit 54,45 v.H. der Mindesthöhe den gesetzlich zulässigen Vorbehalt wesentlich überschritten. Eine rechtswirksame Abgabe sei daher er et durch die mit der Ergänzungsvereinbarung vom 1. Juli 1977 erfolgte schriftliche Verpachtung auch der Restfläche auf die Dauer von neun Jahren erfolgt. Zu unrecht habe das SG insoweit seine entgegenstehende Ans...