Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsreferendar (Gerichtsreferendar) im juristischen Vorbereitungsdienst bei einem Rechtsanwalt, der für diesen noch andere (entlohnte) Beschäftigung ausübt
Leitsatz (amtlich)
Arbeitet ein Rechtsreferendar neben seinem Vorbereitungsdienst regelmäßig durchschnittlich mehr als 20 Stunden wöchentlich gegen eine stundenweise Bezahlung bei einem Rechtsanwalt, so steht er in einem abhängigen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Das gilt nicht für die Zeit, in der der Referendar dem Anwalt zur Ausbildung zugewiesen ist (Anwaltsstation) und von diesem ebenfalls eine Vergütung erhält.
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 18.02.1976; Aktenzeichen S 2 K 42/75) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 18. Februar 1976 und der Bescheid der Beklagten vom 29. November 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1975 abgeändert.
Es wird festgestellt, daß der Beigeladene B. in der Zeit vom 22. Mai bis zum 21. August 1972 zur Angestelltenversicherung nicht versicherungspflichtig war.
2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) haben als Gesamtschuldner dem Kläger 1/5 der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladenen B. und L. im Anwaltsbüro des Klägers versicherungspflichtig beschäftigt waren oder nicht.
Der Beigeladene L. war als Rechtsreferendar in der Zeit vom 7. Juni bis zum 6. September 1971 dem Kläger zur Ausbildung zugewiesen und später noch vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1972 neben seiner Referendarausbildung bei dem Kläger gegen Entgelt tätig. Der Beigeladene B. war als Rechtsreferendar dem Kläger vom 22. Mai bis zum 21. August 1972 zur Ausbildung zugewiesen und arbeitete anschließend neben seiner Referendarausbildung bei dem Kläger bis zum 31. Januar 1974 gegen Entgelt weiter. Beide wurden nach der im Büro des Klägers aufgewendeten Arbeitszeit bezahlt. Sie erhielten für jede Stunde 10,– DM netto und arbeiteten durchschnittlich 80 Stunden im Monat. In der Ausbildungszeit vom 22. Mai bis zum 21. August 1972 zahlte der Kläger dem Beigeladenen Beger insgesamt 900,– DM netto. Jeweils im Dezember gewährte er beiden einen zusätzlichen Betrag.
Nach einer Betriebsprüfung für die Zeit ab 1. Dezember 1971 hat die Beklagte durch Bescheid vom 29. November 1974 die Angestelltenversicherungspflicht des Beigeladenen L. für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1972 und des Beigeladenen B. für die Zeit vom 22. Mai 1972 bis zum 31. Januar 1974 festgestellt und vom Kläger die Versicherungsbeiträge nachgefordert.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger geltend gemacht: Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage der versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Beigeladenen B. und L. hätten zu ihm nämlich in keinem festen Arbeitsverhältnis gestanden, sondern jeweils nur gelegentlich in seinem Büro gearbeitet. Beide hätten nach der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit ganz nach freiem Willen und freier Zeiteinteilung für ihn gearbeitet. Deshalb sei auch kein festes Gehalt, sondern eine stundenweise Bezahlung vereinbart gewesen. Er habe auch niemals bestimmte Arbeiten zugewiesen. Die Beigeladenen B. und L. hätten sich vielmehr selbständig die nach ihrer Ansicht geeigneten Akten herausgesucht und sie dann ohne jede Weisung und damit unabhängig bearbeitet. Es habe also keine persönliche Abhängigkeit vorgelegen, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis entscheidend sei. Der Bundesfinanzhof habe in einem Urteil vom 22. März 1968 ausdrücklich entschieden, daß die für einen Rechtsanwalt tätigen Referendare zu diesem in keinem abhängigen Arbeitsverhältnis stünden. Schließlich spreche aber auch gegen eine Versicherungspflicht, daß die Tätigkeit der Beigeladenen B. und L. ihm der Ausbildung und Fortbildung gedient habe.
Durch Bescheid vom 7. Juli 1975 hat die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurückgewiesen.
Mit der am 8. August 1975 zum Sozialgericht Koblenz erhobenen Klage hat der Kläger auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren verwiesen und im wesentlichen darauf abgestellt, der eigentliche Zweck der Tätigkeiten bei ihm sei die Ausbildung der Beigeladenen B. und L. gewesen, so daß eine Versicherungspflicht nicht bestanden habe.
Durch Urteil vom 18. Februar 1976 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beigeladenen B. und L. hätten in einem abhängigen und damit versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gestanden. Die persönliche Abhängigkeit zum Kläger sei allein schon daraus herzuleiten, daß die Referendare für den Kläger verwertbare Arbeit geleistet hätten, die dieser allei...