Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 05.09.1994; Aktenzeichen S 1 Ar 282/93)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil Sozialgerichts Speyer vom 5.9.1994 und der Bescheid vom 17.3.1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.5.1993 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem 1.3.1993 Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 590,– DM zu gewähren.

3. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

4. Die Beklagte trägt 4/5 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg).

Die 1938 geborene Klägerin, auf deren Lohnsteuerkarte 1993 die Lohnsteuerklässe 5/kein Kind eingetragen war, arbeitete vom 1.3.1976 bis 28.2.1993 als Serviererin bei der K. F.. Ihr oblag die Gästebetreuung im Ferienhaus des Unternehmens K. in K. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für die Arbeiter der Metallindustrie Rheinland-Pfalz Anwendung. Die Entlohnung der Klägerin entsprach der Lohngruppe 4 des Lohntarifvertrages. Der Arbeitseinsatz der Klägerin unterlag jahreszeitlichen Schwankungen je nach Belegung des Ferienhauses. In den Wintermonaten wurde die im Manteltarifvertrag der Metallindustrie in Rheinland-Pfalz bis 31.3.1993 festgeschriebene regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden nicht erreicht. Nach einer Betriebsvereinbarung der K. vom 17.11.1973 geändert am 19.10.1982 werden den Mitarbeitern des Ferienhauses K. während der arbeitsarmen Wintermonate Ausgleichsvergütungen gezahlt, wenn eine wöchentliche Arbeitszeit von 36 Stunden unterschritten wird. Nach dem – von der Klägerin nicht unterschriebenen – schriftlichen Arbeitsvertrag vom 14.11.1988 betrug die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin 37 Stunden.

Nach ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 1.3.1993 arbeitslos und beantragte Alg. In der Arbeitsbescheinigung der KSB vom 24.3.1992 ist für die letzten abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume vor dem Ausscheiden der Klägerin angegeben:

Bruttoarbeitsentgelt

bezahlte Arbeitstage

bezahlte Arbeitsstunden

1.10.1992 bis 31.10.1992

2.536,50 DM

21

153.73

1.11.1992 bis 30.11.1992

1.332,– DM

11

80,75

1.12. bis 31.12.1992

1.708,33 DM

14

103.5

1.1. bis 31.1.1993

2.327,84 DM

19

141

Summe

7.904,87 DM

65

479

In diesen Monaten erhielt die Klägerin nur für Dezember 1992 eine Ersatzzahlung in Hohe von 200,– DM. Hierzu gab der Arbeitgeber an, im Januar 1993 sei aufgrund einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und im Februar 1993 aufgrund eines Urlaubs der Klägerin der Lohn auf der Grundlage der tariflichen Arbeitszeit abgerechnet worden. Ersatzzahlungen seien darüber hinaus nicht zu leisten, wenn der Mitarbeiter des Ferienhauses während der Wintermonate im Bedarfsfall bei Sonderveranstaltungen oder kurzfristig geplanten Seminaren eingesetzt werde.

Darüber hinaus bescheinigte der Arbeitgeber eine tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden.

Mit Bescheid vom 17.3.1993 bewilligte die Beklagte Alg nach einem wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 460,– DM. Die Leistung betrug 170,40 DM wöchentlich und war für 832 Tage bewilligt. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, wegen der betriebsbedingt schwankenden Arbeitszeiten müßte bei der Bemessung des Alg vom Jahresdurchschnittsverdienst ausgegangen werden. Demgegenüber vertrat die Beklagte die Auffassung, im Lohnabrechnungszeitraum Oktober 1992 bis Januar 1993 habe die Klägerin durchschnittlich wöchentlich 27,63 Stunden gearbeitet. Bei einem Stundenlohn von 16,50 DM brutto errechne sich hieraus ein gerundetes wöchentliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 460,– DM.

Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen: Ihre wöchentliche Arbeitszeit habe entsprechend dem maßgeblichen Tarifvertrag 37 Stunden betragen. Es könne ihr nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie im Bemessungezeitraum betriebsbedingt vorübergehend weniger gearbeitet habe.

Das Sozialgericht hat unter Abänderung der Bescheide die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alg unter Zugrundelegung einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 29,92 Stunden zu gewähren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Arbeitszeit der Klägerin habe erheblichen Schwankungen unterlegen. Es sei nicht gerechtfertigt, die vom Arbeitgeber angegebene tarifliche Arbeitszeit von 37 Stunden in der Woche der Berechnung des Alg zugrunde zu legen, weil die Klägerin im Durchschnitt diese Arbeitszeit nie erreicht habe. Die tatsächlich im Bemessungezeitraum Oktober 1992 bis Januar 1993 geleistete durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 27,63 Stunden könne nicht berücksichtigt werden, weil diese geringe Arbeitszeit nur vorübergehend vereinbart gewesen sei. Es sei daher gerechtfertigt, die im Jahresdurchschnitt 1992 geleistete wöchentliche Arbeitszeit von 29,92 Stunden der Berechnung des Alg zugrunde zu legen.

Gegen das Urteil haben b...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge