Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 22.08.1990; Aktenzeichen S 1 Ar 52/90) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Speyer vom 22.8.1990 die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Konkursausfallgeld in Höhe von 5.286,80 DM zum Ausgleich eines Urlaubsabgeltungsanspruches von 30 Tagen aus dem Jahre 1988 und von 8 Tagen aus dem Jahre 1989.
Der 1937 geborene Kläger war seit 10.8.1987 als Busfahrer bei dem Reisebüro R. B. in M. beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 9.8.1987). Dieses Unternehmen beendete seine Betriebstätigkeit vollständig am 3.3.1989. Der Arbeitgeber stellte den Kläger ab diesem Zeitpunkt von der Arbeit frei und kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.3.1989. Seine dagegen erhobene Kündigungsschutzklage hat der Kläger wieder zurückgenommen. Das Arbeitsamt Ludwigshafen hat ihm antragsgemäß Arbeitslosengeld gemäß § 117 Abs. 4 S 1 AFG für die Zeit vom 4.3.1989 bis 31.3.1989 in Höhe von wöchentlich 305,40 DM gewährt.
Mit Bescheiden vom 24.5.1989 und 26.1.1990 hat das Arbeitsamt Mannheim dem Kläger antragsgemäß Konkursausfallgeld in Höhe von 2.868,85 DM zum Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt einschließlich 600,00 DM Spesen gewährt, die Einbeziehung des geltend gemachten Anspruchs auf Urlaubsabgeltung jedoch abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (ablehnender Widerspruchsbescheid vom 26.1.1990). Die Beklagte hat die Meinung vertreten, daß der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers am letzten Tag seines Arbeitsverhältnisses, also nach dem Insolvenzereignis vom 4.3.1989 entstanden und deshalb nicht Kaug-versichert sei.
Dagegen hat der Kläger am 7.2.1990 Klage zum Sozialgericht Speyer erhoben.
Das Sozialgericht hat der Klage teilweise stattgegeben (Urteil vom 22.8.1990). Es hat die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.5.1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.1.1990 verurteilt, dem Kläger für 19 Tage Urlaubsabgeltung weiteres Kaug zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil hat es zugelassen. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung könne nur in Höhe von 19 Tagen dem Kaug-Zeitraum zugeordnet werden. Urlaubsabgeltung könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur für die Tage gewährt werden, die der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar vorausgingen. Es könne nicht wie beim Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld auf den Zeitraum abgestellt werden, für den die Urlaubsabgeltung zum Lebensunterhalt bestimmt sei. Ebensowenig könne es nach der Rechtsprechung – wie bei Lohnansprüchen – darauf ankommen, ab wann der Urlaubsanspruch und damit auch der Abgeltungsanspruch erworben worden sei. Der Arbeitsvertrag des Klägers sei wirksam erst zum 31.3.1989 gekündigt worden. In der Freistellung des Klägers zum 3.3.1989 könne keine fristlose Kündigung gesehen werden, da der Arbeitgeber dem Kläger das Arbeitsverhältnis schriftlich zum 31.3.1989 gekündigt habe. Würden die 38 Urlaubstage in die Zeit vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.3.1989 gelegt, so entfielen unter Berücksichtigung des arbeitsfreien Karfreitags und Ostermontags 19 Arbeitstage in den Zeitraum ab Betriebseinstellung und 19 Tage in den Zeitraum davor. Durch Konkursausfallgeld abzugelten seien lediglich die in den Kaug-Zeitraum entfallenden 19 Arbeitstage.
Gegen das am 31.8.1990 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.9.1990 Berufung eingelegt.
Unabhängig von der Frage, ob der Urlaub für das Kalenderjahr 1988 wirksam in das Jahr 1989 übertragen werden könne, habe der Kläger keinen Anspruch auf ein höheres Konkursausfallgeld. Das Sozialgericht sei bei der Zuordnung von der Rechtsprechung des 8 b- und 12. Senates des BSG ausgegangen, wonach die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung im Rahmen der Kaug-Versicherung den der abzugeltenden Urlaubsdauer entsprechenden letzten Tagen vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen seien (sog Rückrechnung). Nachdem diese Zuordnungssystematik im Schrifttum auf Kritik gestoßen sei, sei der 10. Senat von der bisherigen Rechtsprechung des 8 b- und 12. Senates abgerückt. Seine Rechtsprechung beruhe maßgeblich auf dem die Vorschrift des § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz tragenden Rechtsgedanken, den Arbeitnehmern im Falle der Beendigung eines Rechtsverhältnisses die Möglichkeit zu erhalten, eine dem abgegoltenen Urlaub entsprechende Freizeit zu nutzen. Da ein im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehender Anspruch auf Urlaub nicht mehr durch Gewährung von bezahlter Freizeit im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses erfüllt werden könne, seien auch im Rahmen der Kaug-Versicherung die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung nicht zurückzurechnen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 22.8.1990 abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der...