Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 17.07.2000; Aktenzeichen S 6 Ar 314/98)

 

Tenor

1. Das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 17.7.2000 – S 6 Ar 314/98 – und der Bescheid der Beklagten vom 7.8.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.1998 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1.7.1997 bis 1.9.1997 zu gewähren.

2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die dem Kläger im Zusammenhang mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Sozialplans gewährte Abfindung nach § 117 Abs. 2 Satz 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zum Ruhen seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 1.7. bis zum 1.9.1997 führt.

Der am … 1935 geborene Kläger war von 1970 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens am 1.3.1985 bei der Firma C. International W. B. K. GmbH als Schreiner tätig. Am 1.8.1996 wurde das Unternehmen vom Konkursverwalter an eine neu gegründete Firma C. International W. B. K. GmbH (C. W.) verkauft. Dort war der Kläger seit Betriebsaufnahme im August 1986 bis zum 30.6.1997 in seinem erlernten Beruf in B. K. in der Qualitätskontrolle beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers vom 19.12.1996, weil die Produktionsstätte in B. K. wegen zu geringer Umsätze, zu hoher Kosten und anhaltender Verluste zum 31.3.1997 stillgelegt wurde. Die Fahrzeuge unter der Marke C. W. sollten künftig im Werk der Firma T. C. GmbH, S. I.-M., hergestellt werden. Die C. W. blieb als Vertriebsgesellschaft bestehen und verlegte ihren Sitz ebenfalls nach S.-M. Die Firma hatte sich bereit erklärt, den Mitarbeitern der Vertriebsabteilung (Innen- und Außendienst) sowie der Abteilung für Ersatzteile/Kundendienst betriebsbedingte Änderungskündigungen mit dem Angebot zu unterbreiten, ihre Arbeitsverhältnisse in S.-M. zu den damals für sie geltenden Bedingungen unverändert fortzusetzen.

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand der Manteltarifvertrag für C. W. Anwendung (MTRV). Dieser wurde zwischen der Firma C. W. und der Gewerkschaft Holz und Kunststoff, Bezirksleitung Hessen/Rheinland Pfalz, am 23.12.1988 abgeschlossen. Nach dessen Nr. 7 c beträgt die Kündigungsfrist des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, der das 55., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat und dessen Arbeitsverhältnis in dem Unternehmen zu diesem Zeitpunkt mindestens zehn Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres. Nach Vollendung des 37. Lebensjahres und einer zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit erhöhte sich die Kündigungsfrist auf sechs Monate, ebenfalls zum Schluss eines Kalendervierteljahres.

Abweichend hiervon bestimmte Anhang B. zum MRTV „Tarifvertrag zur Verdienstsicherung und zum Kündigungsschutz älterer Arbeitnehmer” unter Punkt III 19, dass Arbeitnehmern, die das 55., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben, bei einer mindestens 10jährigen Betriebszugehörigkeit nur noch aus wichtigem Grund gemäß § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gekündigt werden kann. Darüber hinaus sind Kündigungen auch zulässig

  1. beim Bezug von oder beim Anspruch auf Altersruhegeld,
  2. aus personen- und/oder verhaltensbedingten Gründen, wenn im Kündigungsschutzprozess der wichtige Grund bestätigt, jedoch aus Gründen der Zumutbarkeit nur eine fristgemäße Kündigung anerkannt wird,
  3. aus betriebsbedingten Gründen, wenn nach übereinstimmender Auffassung von Geschäftsleitung und Betriebsrat ein anderer zumutbarer Arbeitsplatz nicht gefunden wird oder einem sozial schwächer gestellten Arbeitnehmer der Arbeitsplatz unter Beachtung des Kündigungsschutzgesetzes erhalten werden muss,
  4. bei Vorliegen eines für den betroffenen Arbeitnehmer geltenden Sozialplanes, in Betrieben ohne Betriebsrat bei Vorliegen eines Tatbestandes im Sinne der §§ 111 ff BetrVG.

Am 28.10.1996 schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat des Unternehmens eine „Vereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan” ab. Danach stand Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen infolge der Stillegung der Produktionsstätte B. K. verlieren, eine Abfindung zu. Deren Höhe richtete sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und betrug je vollendetem Beschäftigungsjahr 65 % des bei Beendigung des jeweiligen Vertragsverhältnisses geltenden Brutto-Monats-Lohnes/Gehalts.

Hiernach erhielt der Kläger wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 27.716,– DM. Beim Ausscheiden des Klägers am 30.6.1997 waren die Lohnabrechnungszeiträume Dezember 1996 bis Mai 1997 abgerechnet. In diesen letzten sechs Monaten seines Beschäftigungsverhältnisses hatte der Kläger 23.911,66 DM brutto verdient.

Bereits am 19.3.1997 meldete sich der Kläger bei der Arbeitsamtsdienststelle Kirn arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Die Beklagte bewilligte Alg ab 2.9.1997 und teilte dem Kläger mit Bescheid vom 7.8.1997 mit, das Alg ruhe gemäß § 117 Abs. 2 und 3 ...

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