Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. soziale Rehabilitation. Kosten für einen Betreuer gem § 39 Abs 1 Nr 8 SGB 7

 

Orientierungssatz

Zum Anspruch eines Versicherten gegenüber dem Unfallversicherungsträger auf Übernahme der Kosten für einen vom Gericht bestellten Betreuer gem § 39 Ans 1 Nr 8 SGB 7 idF vom 16.12.1997 wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Kosten für die Betreuung des Klägers durch einen Berufsbetreuer als Unfallfolgen anzusehen und deshalb von der Beklagten zu übernehmen sind.

Der 1965 geborene Kläger erlitt am 30.04.1992 einen Arbeitsunfall, bei dem er sich ein Schädel-Hirn-Trauma zuzog. In einem gerichtlichen Vergleich vom 15.08.2000 erklärte sich die Beklagte bereit, dem Kläger auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. M vom 08.09.1999, insbesondere Punkt 3, Verletztengeld bis zum 31.12.1995 und anschließend Verletztenrente nach einer MdE von 70 % zu gewähren. Dr. M hatte in seinem Gutachten festgestellt, der Kläger leide an einem schweren hirnorganischen Psychosyndrom mit Einbußen spezifischer intellektueller Funktionen, insbesondere des problemlösenden Denkens, Störungen von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsfunktionen sowie Persönlichkeitsänderung und leichten Koordinationsstörungen bei Knieinstabilität links. Diese Gesundheitsstörungen seien unfallbedingt. Unter Ziffer 3 der Zusammenfassung wird ausgeführt, die seitens der Beklagten genannten Unfallfolgen seien im Bescheid vom 25.10.1995 auf nervenfachärztlichem Gebiet richtig bezeichnet. In diesem Bescheid wird als Unfallfolge ua ein organisches Psychosyndrom mit Hirnleistungsschwäche und Wesensveränderung nach drittgradigem Schädelhirntrauma mit Gehirnblutung als Unfallfolge genannt.

Durch Beschluss vom 22.08.1994 bestellte das Amtsgericht Germersheim für den Kläger den Betreuer H L mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit des Betroffenen, Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die Unterbringung und Vermögenssorge. Der Betreuer machte für die Jahre 1999 und 2000 Kosten geltend, die von den Rentennachzahlungen der Beklagten an den Kläger in Abzug gebracht wurden. Durch Beschluss vom 18.07.2001 bewilligte das Amtsgericht Germersheim dem Betreuer für das Jahr 1999 eine Vergütung in Höhe von 5.623,79 DM und für das Jahr 2000 eine pauschale Vergütung in Höhe von 6.600,00 DM.

Die Betreuung wurde durch Beschluss vom 06.05.2002 aufgehoben.

Im April 2001 beantragte der Kläger die Übernahme der Betreuungskosten durch die Beklagte. Diese lehnte den Antrag durch Bescheid vom 15.06.2001 und Widerspruchsbescheid vom 06.06.2002 ab. Zur Begründung führte sie aus, ein Anspruch lasse sich weder aus § 15 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) noch aus § 38 Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG), § 547 Reichsversicherungsordnung (RVO), §§ 557 f RVO oder §§ 39 ff Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - (SGB VII) herleiten. Eine nach § 31 Abs 1 - Erstes Buch - (SGB I) erforderliche Rechtsgrundlage sei demnach nicht vorhanden. Es bestehe auch keine planwidrige Regelungslücke.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Speyer durch Urteil vom 24.01.2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle an einer Rechtsgrundlage für die begehrten Leistungen. Auch eine planwidrige Regelungslücke bestehe nicht. Das System der sozialen Entschädigung innerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung sehe die Übernahme der Kosten für einen Betreuer grundsätzlich nicht vor.

Gegen das ihm am 22.05.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.06.2003 Berufung eingelegt.

Er macht geltend, die Betreuungskosten seines Berufsbetreuers seien zu erstatten. Als Rechtsgrundlage könne die Tatsache angesehen werden, dass derjenige, der einen Gesundheitsschaden erleide, nach § 5 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch - (SGB I) das Recht auf notwendige Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit, insbesondere aber auch auf angemessene wirtschaftliche Versorgung habe. Dadurch, dass die Kosten seines Berufsbetreuers von der Nachzahlung der Rente in Abzug gebracht worden seien, sei seine wirtschaftliche Versorgung unmöglich gemacht worden. Der ihm entstandene Vermögensschaden sei ein "mittelbarer Gesundheitsschaden". Es sei darum gegangen, seine Leistungsfähigkeit mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen oder durch Geldleistungen zu entschädigen. Was die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit betroffen habe, sei die Anordnung der Berufsbetreuung dringend notwendig gewesen. Dem Betreuer sei es in Verhandlungen mit der Beklagten ja auch gelungen, dass er seine berufliche Ausbildung wieder habe aufnehmen und weiterführen können. Die Kosten des Betreuers seien daher als Leistungen zur Rehabilitation zu sehen. Selbst wenn man diese Auffassung nicht vertreten würde, wäre ein Anspruch gegeben, da eine planwidrige Regelungslücke bestehe. Der Gesetzgeber sei sich über die durch die Betreuung entstehenden Folgen nicht im Klaren gewesen. Das Sozialgericht habe im Ein...

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