Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Genehmigungsfiktion. Behandlung durch nicht zugelassenen Leistungserbringer
Orientierungssatz
Die Genehmigungsfiktion ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Behandlung von einem nicht zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Leistungserbringer erbracht wird.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 25.7.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die klagende Versicherte gegen die beklagte Krankenkasse Anspruch auf eine stationäre Liposuktionsbehandlung auf Grund einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hat.
Die 1956 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Mit Schreiben vom 10.12.2015, bei der Beklagten eingegangen am 11.12.2015, beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine Operation ihres Lipödems. In dem beigefügten Attest vom 27.10.2015 diagnostizierte der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. R, Praxisklinik ..., bei der Klägerin chronifizierte Lipödeme an Oberarmen und Ober-/Unterschenkel Stadium II und empfahl drei medizinisch indizierte Liposuktionen unter stationären Bedingungen. Weiter beigefügt war ein Kostenvoranschlag des Dr. R über Gesamtkosten von 4.051,71 €, u.a. auch Kosten für “2 Nächte„. Der Briefkopf enthält neben den Tätigkeitsfeldern u.a. die Angaben “D, Universitätsklinik M, K, K H „ sowie “Privat und alle Kassen„.
Mit Bescheid vom 12.1.2016 lehnte die Beklagte die beantragte “stationäre Behandlung„ ab mit der Begründung, die Praxisklinik a R habe keine Zulassung als Krankenhaus. Die gesetzlichen Krankenkassen dürften bei der Inanspruchnahme solcher reinen Privatkliniken keinerlei Kosten übernehmen. Der Klägerin werde empfohlen, sich von ihrem behandelnden Arzt über vertragstypische stationäre Behandlungsalternativen beraten zu lassen und gegebenenfalls einen erneuten bzw. ergänzenden Antrag zu stellen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.3.2016 zurück.
Bereits am 21.1.2016 hatte die Klägerin Klage auf Feststellung der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids hat sie die Klage auf eine Leistungsklage, verbunden mit einer Anfechtungsklage gegen den ablehnenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids umgestellt (Schriftsatz vom 29.3.2016, Blatt 44 der Gerichtsakte). Mit Urteil vom 25.7.2016 hat das Sozialgericht Mainz festgestellt, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung einer dreizeitigen Liposuktionsbehandlung als Sachleistung vom 11.12.2015 gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig, da die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe, dass die begehrte Behandlung als genehmigt gelte. Die Klage sei auch begründet. Die Beklagte habe den Antrag der Klägerin nicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beschieden, ohne der Klägerin Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen. Aufgrund der dadurch eingetretenen fiktiven Genehmigung habe die Klägerin einen Naturalleistungsanspruch auf die begehrte Leistung. Die Klägerin habe die Leistung auch für erforderlich halten dürfen, da sie ihr ärztlich empfohlen worden sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Praxisklinik des behandelnden Arztes nicht als Krankenhaus zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen sei. Auf dem Briefkopf des Behandlers seien mehrere Kliniken, in denen wohl Belegbetten vorgehalten würden, sowie “Privat und alle Kassen„ angegeben. Für die Klägerin sei daher nicht ersichtlich gewesen, dass eventuell die Zulassung als Krankenhaus fehle und der Anspruch bereits daran scheitern könnte. Die fiktive Genehmigung sei von der Beklagten auch nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben worden und habe sich auch nicht durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt.
Gegen das ihr am 30.8.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.9.2016 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die von der Klägerin beantragte Leistung gelte nicht nach § 13 Abs. 3a SGB V als genehmigt. Üblicherweise werde bei einer derartigen privaten Behandlung ein privater Behandlungsvertrag geschlossen. Hieraus gehe in der Regel eindeutig hervor, dass es sich nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Außerdem spreche sowohl der Vermerk auf dem Briefkopf des Behandlers “Privat und alle Kassen„ als auch die Bezeichnung als “Praxisklinik„ dafür, dass die Behandlung ambulant durchgeführt werden soll. Bei einer ambulanten Liposuktion handele es sich eindeutig um eine neue Behandlungsmethode, die “offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs„ li...