Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 3101. Infektionskrankheit. andere Tätigkeiten. Einwirkungskausalität. erhöhte Infektionsgefahr. Erreger Staphylococcus aureus. Bestatter

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Bestatter gehört nicht zu dem in der Nr 3101 der Anlage zur BKV besonders geschützten Personenkreis. Ein Bestatter übt auch keine "anderen Tätigkeiten" aus, die in ähnlichem Maße einer Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sind, wie die unter der BK Nr 3101 geschützten Personen.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 26.04.2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Infektionskrankheit als Berufskrankheit (BK) nach dem Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII).

Der im Jahr 1956 geborene Kläger ist seit dem 01.01.1987 als Bestatter berufstätig, zuletzt im Unternehmen seiner Ehefrau, das Mitglied der Beklagten ist.

Ab dem 14.07.2008 wurde der Kläger stationär zunächst im Krankenhaus M H und dann im B K behandelt. Dort wurde eine ausgeprägte Spondylodiszitis mit Befall mehrerer Wirbelkörper auf der Grundlage eines Psoasabszesses, eine spinale Myelitis und Meningitis auf dem Boden einer Spondylodiszitis mit respiratorischer Insuffizienz und Paraplegie der Beine, ein abklingendes Guillian-Barré-Syndrom, ein Zustand nach septischem Syndrom sowie eine arterielle Hypertonie, Adipositas und Arzneimittelexanthem festgestellt.

Im Februar 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung einer BK, wozu die Unternehmerin telefonisch angab, der Kläger habe sich an Leichen angesteckt.

Die Beklagte holte Befundberichte bei den den Kläger behandelnden Ärzte bzw Krankenhäusern ein, zog vom Amt für soziale Angelegenheiten Koblenz die Unterlagen im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens bei, wonach bei dem Kläger ein GdB von 100 mit den Nachteilsausgleichen "G", "B", "aG" und "H" wegen eines Querschnittssyndroms und eines Diabetes mellitus festgestellt worden waren.

Die Arbeitgeberin des Klägers teilte mit, die Aufgaben des Klägers als Geschäftsführer hätten ua in der Abwicklung sämtlicher schriftlicher Angelegenheiten sowie in der Versorgung der Leichen (waschen, einsargen, einkleiden) bestanden, die er seit zwanzig Jahren ausgeführt habe. Da der Kläger bei vielen Ärzten in der Praxis den Totenschein abgeholt habe, könne ein eventueller Hinweis auf eine Ansteckungsgefahr häufig nur verspätet wahrgenommen worden sein. Es sei daher unmöglich nachzuvollziehen, an welcher Leiche sich der Kläger infiziert habe.

Der Internist Dr. P teilte in einem Befundbericht mit, der Kläger sei seit Anfang Juli 2008 erkrankt. Der Prozess sei am ehesten auf ein lokal-entzündliches Geschehen zurückzuführen. Der Kläger sei in seiner Eigenschaft als Bestatter sicherlich einem breiten Erregerspektrum ausgesetzt gewesen, wobei eine Infektion durch Übertragung nicht einhundertprozentig ausgeschlossen werden könne.

Die Fachärztin für Neurologie, Rehabilitationswesen und Psychiatrie W , Ambulantes Neurologisches Rehabilitationszentrum B N -A , teilte mit, nach den ihr vorliegenden Unterlagen seien die Beschwerden des Klägers auf die multiplen spinalen Abszesse im Zervikalbereich zurückzuführen, aus denen sich ein zervikales Querschnittssyndrom entwickelt habe, das motorisch inkomplett unterhalb von C 4 und komplett unterhalb von Th 3 bestehe. Zusätzlich beständen eine neurogene Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung sowie ein Dekubitus im Bereich des Kreuzbeines. Einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den spinalen Abszessen und der Berufsausübung des Klägers sei nicht zu erkennen.

Die Beklagte holte über ihren Technischen Aufsichtsbeamten Diplom-Ingenieur E Auskünfte ua beim Gesundheitsamt B N -A über vom Kläger behandelte "Verstorbene" ein. Dieses teilte mit, nach Prüfung der Todesbescheinigungen hätten bei den Verstorbenen keine Todesursachen bestanden, bei denen Infektionskrankheiten eine Rolle gespielt hätten. Meldungen über meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger hätten über die Verstorbenen ebenfalls nicht vorgelegen.

Der Mitarbeiter der Hauptverwaltung Prävention W kam in einer Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition zu dem Ergebnis, da mikrobiologisch bei der Blutuntersuchung des Klägers im B K ein Staphylococcus aureus festgestellt worden sei, die der bakteriellen Spondylodiszitis durch verschiedene Bakterien verursacht werden könne, sei zu fragen, ob der Versicherte in besonderem Maße einer Infektionsgefahr gegenüber solchen Bakterien ausgesetzt gewesen sei, die typischerweise eine Spondylodiszitis mit der Folge der Querschnittslähmung auslösen könnten. Für die Spondylodiszitis-Erkrankung sei mit 30 % bis 80 % am häufigsten die Bakterie Staphylococcus aureus verantwortlich, die beim Kläger festgestellt worden sei. Bei diesem Keim handele es sich nicht um einen seltenen Keim, je...

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