Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. "dieselbe Angelegenheit" im Sinne des Gebührenrechts. Klage auf Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren sowie Anfechtungsklage in der Hauptsache. zum Anfall einer Einigungsgebühr bei gerichtlichem Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Klage auf Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren und einer Anfechtungsklage in der Hauptsache handelt es sich nicht um eine Angelegenheit iSv § 15 Abs 2 RVG.

2. Wird in einer Streitsache ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, fällt dafür eine Einigungsgebühr nach RVG jedenfalls dann an, wenn ein Entgegenkommen im Kostenpunkt feststellbar ist. Insbesondere, wenn auf gleicher Grundlage PKH gewährt worden ist, muss nicht konkret nachvollziehbar sein, dass in der Hauptsache eine Rechtsposition teilweise aufgegeben worden ist.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung einer Einigungsgebühr im Rahmen der Vergütung aus der Prozesskostenhilfe im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau S 20 KR 29/13.

In dem Verfahren erhob der Beschwerdegegner am 14. Februar 2013 namens des Klägers Klage auf Verpflichtung einer Krankenkasse auf Gewährung von Akteneinsicht. Dem entsprechenden, mit Schriftsatz vom 25. Mai 2012 bei der Beklagten gestellten Gesuch lag ein Verfahren wegen Beitragsforderungen der Beklagten zu Grunde.

Das Sozialgericht gewährte mit Beschluss vom 18. April 2013 dem Kläger für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung des Antragstellers.

Mit dem in vier Verfahren ergangenen, einheitlichen Beschluss vom 6. Mai 2013 stellte das Sozialgericht den gerichtlichen Vergleich fest:

1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Kläger zuletzt noch einen Gesamtsozialversicherungsbeitrag nebst Säumniszuschlägen von insgesamt 1135,46 EUR schuldete, der zwischenzeitlich durch Verrechnung mit der Altersrente des Klägers durch die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland erfüllt wurde.

2. Weitere Forderungen (Gesamtsozialversicherungsbeitrag und Nebenforderungen) werden durch die Beklagte nicht mehr geltend gemacht.

3. Die Beklagte und der Kläger tragen die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Verfahren S 20 KR 187/12, S 20 KR 29/13, S 20 KR 30/13 und S 20 KR 36/13 je zur Hälfte.

4. Damit sind die Verfahren S 20 KR 187/12, S 20 KR 29/13, S 20 KR 30/13 und S 20 KR 36/13 erledigt.

Mit Beschluss vom 11. Juni 2013 hat das Sozialgericht den Streitwert auf 5000,- EUR festgesetzt.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 24. Mai 2013 eine Gebührenrechnung über 847,64 EUR gestellt, die sich wie folgt zusammensetzt:

Verfahrensgebühr 1,3 391,30 EUR

Einigungsgebühr 1,0 301,- EUR

Post- und Telefonpauschale 20,- EUR

19 % Mehrwertsteuer aus 712,30 EUR 135,34 EUR.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte mit Beschluss vom 6. Februar 2014 die Kosten gegen die Antragsgegnerin mit 489,45 EUR fest. Zur Begründung vertrat sie die Auffassung, eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden. Im vorliegenden Verfahren sei kein Vergleich im Sinne von § 779 BGB geschlossen worden. Vielmehr sei die Sache durch übereinstimmende Erledigungserklärung beendet worden.

Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 27. Februar 2014 hat das Sozialgericht die Prozesskostenhilfevergütung nach der Gebührenrechnung des Antragstellers festgesetzt. Es hat dazu im Wesentlichen ausgeführt, eine Einigungsgebühr sei entstanden, weil mit dem geschlossenen Vergleich auch der Streit über den Anspruch auf Akteneinsicht beseitigt worden sei. Daran habe der Antragsteller auch besonders mitgewirkt, weil er den Einigungsvorschlag erst nach Besprechung mit dem Kläger angenommen habe.

Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. Februar 2015 Beschwerde erhoben. Er ist der Auffassung, ein Vergütungsanspruch des Beschwerdegegners sei überhaupt nicht entstanden, weil es sich um eine Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG handele. Dabei solle vor allem vermieden werden, dass im Hinblick auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt rechtsmissbräuchlich mehrere Verfahren geführt würden, um diese jeweils getrennt abzurechnen. In der Sache sei es allein um die zum Az. S 20 KR 30/13 erhobene Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer Forderung gegangen, deren Gegenstand mit dem des hier betroffenen Verfahrens eindeutig identisch sei. Die Berechtigung des Klägers zur Akteneinsicht sei überhaupt nicht streitig gewesen und betreffe eine Vorbereitungshandlung des Antragstellers, die durch die Gebühren der Hauptsache kostenrechtlich abgedeckt sei.

Auch könne durch den Vergleich über das Recht auf Akteneinsicht keine Einigung erzielt worden und auch keine anwaltliche Mitwirkung angefallen sein, weil der Antragsteller schon in dem Verfahren S 20 KR 187/12 Akteneinsicht erhalten habe.

Der Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 22. Januar 2015 aufzuheben und den Antragsteller zur Rückz...

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