Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung
Leitsatz (amtlich)
Synergieeffekte durch die parallele Bearbeitung mehrerer Klageverfahren mindern den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit erheblich.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 7. Dezember 2020 und die Prozesskostenhilfe-Festsetzungsentscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. November 2019 werden geändert: Die aus der Prozesskostenhilfe an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung wird auf 300,80 € festgesetzt, sodass von ihm ein Betrag von 422,45 € an die Landeskasse zu erstatten ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitgegenständlich ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer für ein Klageverfahren nach Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse als Beschwerdegegner zusteht.
In dem seit dem 8. Mai 2015 anhängigen und mittlerweile erledigten Klageverfahren S 22 AS 1058/15 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) vertrat der Beschwerdeführer eine Klägerin im Streit um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Der Klägerin begehrte mit ihrer Klage im Zugunstenverfahren höhere Leistungen von Januar bis April 2013 für die Unterkunftskosten nach § 22 SGB II (in Höhe von monatlich 42,25 €), denn das beklagte Jobcenter hatte diese nicht in tatsächlicher Höhe erbracht.
Bereits in drei weiteren Verfahren (S 22 AS 1165/14, S 22 AS 402/15 und S 22 AS 1002/15) vertrat der Beschwerdeführer die Klägerin bezüglich der Geltendmachung der begehrten höheren Unterkunftskosten im Klageverfahren.
Der Beschwerdeführer begründete die Klage S 22 AS 1058/15 mit Schriftsatz vom 7. Mai 2015 auf dreieinhalb Seiten (ohne Rubrum).
Mit Beschluss vom 27. August 2015 bewilligte das SG der Klägerin PKH und ordnete den Beschwerdeführer bei. Unter dem 15. September 2015 wurde ein PKH-Vorschuss in Höhe von 142,80 € an den Beschwerdeführer angewiesen. In den drei Klageverfahren wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG (UdG) mit Schreiben vom gleichen Tag auf die Synergieeffekte in der parallelen Bearbeitung von drei Klageverfahren und die daraus folgende Reduzierung der Geschäftsgebühr hin.
Am 9. Juni 2017 führte das SG einen zehn minütigen Verhandlungstermin durch, bei dem eine mögliche Erweiterung der Klage auf die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin erörtert wurde. Unter dem 17. Juli 2017 wurde ein weiterer PKH-Vorschuss in Höhe von 241,30 € an den Beschwerdeführer angewiesen.
Unter dem 9. Oktober 2017 beantragte der Beschwerdeführer die Rubrumserweiterung auf die beiden minderjährigen Kinder der Klägerin sowie die Erweiterung der Prozesskostenhilfe auf diese. Mit Beschluss vom 23. Januar 2018 erweiterte das SG das Aktivrubrum in den drei Parallelverfahren um die minderjährigen Kinder (Kläger zu 2. und 3.).
Mit Beschluss vom 1. Februar 2018 erweiterte das SG die PKH-Bewilligung der Klägerin vom 27. August 2015 auf die Kläger zu 2. und 3. Unter dem 27. Februar 2018 wurde antragsgemäß ein weiterer PKH-Vorschuss in Höhe von 214,20 € an den Beschwerdeführer angewiesen. Unter dem 29. März 2018 wurde antragsgemäß ein weiterer PKH-Vorschuss in Höhe von 119 € an den Beschwerdeführer angewiesen.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2019 verurteilte das SG das beklagte Jobcenter zur Zahlung der Unterkunftskosten in begehrter Höhe und erlegte ihm die Übernahme der Kosten der Kläger auf.
Unter dem 8. März 2019 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner Vergütung aus der PKH und versicherte, keine Geschäftsgebühr oder sonstige Zahlungen erhalten zu haben - für das hier streitige Verfahren - wie folgt:
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Verfahrensgebühr, Gebührenerhöhung wegen 3 Auftraggebern |
Nr. 3102, 1008 VV RVG |
480,00 € |
Terminsgebühr |
Nr. 3106 VV RVG |
270,00 € |
Geschäftsreise, Benutzung eines eigenen Kfz - anteilig zu 1/6 |
Nr. 7003 VV RVG |
6,10 € |
Tage- und Abwesenheitsgeld bis 8 h - anteilig zu 1/6 |
Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG |
6,67 € |
Post- und Telekom.Pauschale |
Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Zwischensumme |
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782,77 € |
Mehrwertsteuer |
Nr. 7008 VV RVG |
148,73 € |
Kostenforderung |
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931,50 € |
Abzüglich Vorschuss |
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- 717,30 € |
Erstattungsbetrag Landeskasse |
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214,20 € |
Unter dem 25. Oktober 2019 korrigierte der Beschwerdeführer seinen Kostenerstattungsantrag für die PKH und reduzierte die Forderung nunmehr unter Anrechnung einer Geschäftsgebühr von 175 € auf 723,25 € und bat um die Erstattung weiterer 5,95 €.
Der UdG setzte die PKH-Vergütung am 8. November 2019 antragsgemäß auf insgesamt 723,25 € fest und wies die Zahlung weiterer 5,95 € an den Beschwerdeführer an.
Zugleich machte der UdG am 8. November 2019 einen Forderungsübergang nach § 59 RVG geltend und forderte das beklagte Jobcenter zur Erstattung von 723,25 € auf. Hiergegen legte das beklagte Jobcenter am 19. Dezember 2019 Erinnerung ein (S 34 SF 201/19 E) und führte aus, der ...