Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfall der Gebühren eines Rechtsanwalts in einem sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Die Mittelgebühr ist für einen Durchschnittsfall die angemessene Gebühr für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im sozialgerichtlichen Verfahren.
2. Bei durchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren der Grundsicherung, überdurchschnittlicher Bedeutung für den Kläger und dessen weit unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe der Mittelgebühr festzusetzen.
3. Führt ein angenommenes Teilanerkenntnis des Beklagten nicht zu einer Beendigung des Rechtstreits, so ist die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 S. 2 Nr. 3 VV RVG nicht angefallen.
4. Sowohl die Annahme eines Anerkenntnisses als auch eine Klagerücknahmeerklärung oder eine andere Erledigungserklärung sind regelmäßig keine über die normale Prozessführung hinausgehende, qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts der Erledigung, welche die Erledigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1002, 1006 VV RVG auslösen würde.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitgegenständlich ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse als Beschwerdegegner zusteht. Der im sozialgerichtlichen Klageverfahren beigeordnete Rechtsanwalt (im Folgenden: Beschwerdeführer) begehrt eine höhere Vergütung aus der PKH.
In einem seit Januar 2012 anhängigen und mittlerweile erledigten Klageverfahren beim Sozialgericht Halle (SG, Aktenzeichen S 21 230/12) vertrat der Beschwerdeführer eine Klägerin (und bis zur Rücknahme seines Klageantrags am 9. Januar 2013 einen Kläger - Mutter und volljährigen Sohn) im Streit um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Klagegegenstand war ein Überprüfungsverfahren zu einem Änderungsbescheid aus dem September 2010 für den Zeitraum 1. Januar 2010 bis 30. April 2010.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2011 stellte die Klägerin beim Beklagten einen Überprüfungsantrag zu einem Änderungsbescheid vom 13. September 2010. Eine nähere Begründung des Überprüfungsantrags erfolgte nicht. Mit Bescheid vom 19. September 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Überprüfung des Bescheides keine Beanstandung ergab. Hiergegen legte die Klägerin anwaltlich vertreten durch den Beschwerdeführer Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2011 wies der Beklagten diesen als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage begründete die weiterhin durch den Beschwerdegegner vertretene Klägerin u. a. mit nicht richtig ermittelten Kosten der Unterkunft und Heizung. Es sei der pauschale Abzug für die Kosten der Warmwasseraufbereitung vor einer kopfteiligen Aufteilung der Unterkunftskosten abzusetzen. Auch sei der Mehrbedarf für Alleinerziehende um 0,08 Euro abgerundet worden. Im Verlauf des Verfahrens rügte die Klägerin, dass für Januar 2010 Wohngeld als Einkommen angerechnet worden sei, obwohl dieses erst ab Februar 2010 zur Auszahlung kam.
Mit Schreiben vom 14. März 2013 erkannte der Beklagte an, dass im Januar 2010 kein Wohngeld in Höhe von 108,50 Euro zugeflossen sei und aufgrund dessen das bei der Klägerin angerechnete Kindergeld für diesen Monat reduziert werde.
Mit Beschluss vom 1. Juni 2015 bewilligte das SG der Klägerin PKH für das Klageverfahren und ordnete den Beschwerdeführer bei.
Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 28. Mai 2015 das Anerkenntnis an und erklärte mit Schreiben vom 5. Juni 2015 die Hauptsache für erledigt. Auf Antrag der Klägerin entschied das SG mit Beschluss vom 14. Juni 2016, dass der Beklagte keine außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten habe. Zur Begründung führt es aus, dass die Klägerin bereits im Überprüfungsverfahren hätte vortragen müssen, dass eine fehlerhafte Einkommensanrechnung vorliege, da nur sie Kenntnis vom Zufluss und die entsprechenden Nachweise besaß.
Der Beschwerdeführer beantragte am 10. März 2016 beim SG die Festsetzung seiner Vergütung aus der PKH und versicherte, keine Vorschüsse oder sonstige Zahlungen und keine Zahlungen für die außergerichtliche Vertretung erhalten zu haben wie folgt:
|
Verfahrensgebühr |
|
|
|
Nr. 3103 VV RVG |
300,00 € |
|
|
Terminsgebühr |
|
|
|
Nr. 3106 VV RVG |
280,00 € |
|
|
Erledigungsgebühr |
|
|
|
Nr. 1005, 1006 VV RVG |
190,00 € |
|
|
Post- u. Telekom.Pauschale |
|
|
|
Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
|
|
|
580,00 € |
|
|
Mehrwertsteuer |
|
|
|
Nr. 7008 VV RVG |
110,20 € |
|
|
Gesamtsumme |
690,20 € |
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG (UdG) setzte mit Beschluss vom 6. Oktober 2016 die aus der Landeskasse zu erstattenden Kosten auf insgesamt 226,10 € fest:
|
Verfahrensgebühr |
|
|
|
Nr. 3103 VV RVG |
170,00 € |
|
|
Post- u. Telekom.Pauschale |
|
|
|
Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
|
|
|
190,00 € |
|
|
Mehrwertsteuer |
|
|
|
Nr. 7008 VV RVG |
36,10 € |
|
|
Gesamtsumme |
226,10 € |
Zur Begründung führte er aus, dass kein Termin zur Erörterung der S...