Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ermittlung des Berufungsbeschwerdewertes. Streitgegenstand. Bewilligungszeitraum. keine Berücksichtigung weiterer Bescheide für nachfolgende Zeiträume. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung. Divergenz. Verfahrensmangel. Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstands nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG kommt es auf den Wert an, um den unmittelbar gestritten ist wird. Im SGB 2 ist regelmäßig der streitgegenständliche Bescheid für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt maßgeblich. Weitere Bescheide für nachfolgende Zeiträume können nicht gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens werden (vgl BSG vom 13.11.2008 - B 14/7b AS 2/07 R). Auch vermeintliche wirtschaftliche Folgen des erstinstanzlichen Urteils für Folgebewilligungszeiträume sind für die Bestimmung des Beschwerdewerts unbeachtlich.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 73a; SGB II § 41 Abs. 1 S. 4

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. September 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführer und Kläger (im Folgenden: Kläger) wenden sich gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau, das ihre Klage gegen den Beschwerdegegner und Beklagten (im Folgenden: Beklagter) auf höhere Kosten der Unterkunft (KdU) für die Zeit vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2013 abgelehnt hat.

Der Beklagte erbringt für die am ... 1987 geborene Klägerin zu 1. und ihre am ... 2012 geborene Tochter (Klägerin zu 2.) Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches &8722; Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Bis zum 31. Oktober 2010 bewohnten die Kläger eine Zwei-Raum-Mietwohnung (54,78 qm) zu einer Gesamtmiete von 330,00 EUR (Grundmiete: 208,00 EUR; Betriebskostenvorauszahlungen [kalt]: 62,00 EUR; Heizkosten: 60,00 EUR) in A.

Am 21. September 2012 beantragte die Klägerin zu 1. die Genehmigung des Beklagten für einen Umzug in die D.in A. Als Grund nannte sie aktuell zu laute Wohnverhältnisse und eine Geräuschempfindlichkeit mit Durchschlafproblemen der Klägerin zu 2., die einen weiteren Schlafraum erforderten. Dem Antrag war eine Erklärung von Dipl.-Med. P. vom 20. September 2012 beigefügt (Bl. 524 d. VA). Die Klägerin zu 1. hatte bereits am 27. Juli 2012 einen ab 1. November 2012 geltenden Mietvertrag über die ca. 60 qm große 3-Raum-Wohnung in der D.zu einer Gesamtmiete von 428,00 EUR (Grundmiete: 258,35 EUR; Betriebskostenvorauszahlungen [kalt]: 83,65 EUR; Heizkosten: 86,00 EUR) geschlossen. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 lehnte der Beklagte eine Zusicherung zur Übernahme der KdU für die neue Wohnung ab und führte zur Begründung aus: Der Umzug sei nicht erforderlich. Die vorherige Wohnung sei 55,00 qm groß und verfüge über zwei Zimmer, was ausreichend sei. Nach den Handlungsempfehlungen des Landkreises Anhalt-Bitterfeld ab dem 1. November 2011 seien die Kosten für die neue Wohnung auch unangemessen. Hiergegen legten die Kläger - nun anwaltlich vertreten - am 19. Oktober 2012 Widerspruch ein und fügte eine weitere ärztliche Empfehlung von Dipl.-Med. P. vom 18. Oktober 2012 bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2012 wies der Beklagte den Widerspruch wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zurück, da der Mietvertrag bei Antragstellung bereits unterzeichnet worden sei.

Auf einen Weiterbewilligungsantrag der Kläger gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 für die Monate November 2012 bis April 2013 monatlich 620,64 EUR (Klägerin zu 1.: 564,50 EUR; Klägerin zu 2.: 56,14 EUR). Am 26. November 2012 legten die Kläger hiergegen Widerspruch ein und machten geltend: Die Klägerin zu 2. benötige als sog. Schreikind ein eigenes Schlafzimmer. Im Übrigen seien die neuen Wohnkosten auch angemessen. Mit Änderungsbescheid vom 27. November 2012 und vom 13. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte SGB II-Leistungen für den Zeitraum November 2012 bis April 2013 unter Berücksichtigung von KdU in bisheriger Höhe (330,00 EUR).

In der öffentlichen Sitzung vom 9. September 2014 hat die Klägerin zu 1. eine Skizze ihrer bis zum 31. Oktober 2012 bewohnten Wohnung angefertigt und erklärt, dass die Wohnung über ein Schlaf- und Wohnzimmer verfüge. Sie habe mit ihrem Kind im Schlafzimmer geschlafen. Im Wohnzimmer habe eine Couch, ein Schrank sowie eine Essecke gestanden. Der Beklagtenvertreter hat erklärt: Nach der ab 1. April 2012 geltenden Handlungsempfehlung beschränkten sich die KdU-Kosten in Aken auf maximal 342,60 EUR.

Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Klage auf Gewährung höherer KdU abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zu Recht habe der Beklagte für die Monate November 2012 bis April 2013 die KdU auf 330,00 EUR beschränkt. Unter Beachtung der Rechts...

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