Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Kläger und Beschwerdeführer (im Weiteren: Kläger) begehren die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) und die Durchführung des Berufungsverfahrens. In der Sache begehren sie für ein Widerspruchsverfahren die Kostenerstattung sowie die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung ihres Rechtsanwalts.

Die Kläger bezogen vom Beklagten und Beschwerdegegner (im Weiteren: Beklagter) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Gegen den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2015 für den Zeitraum von März bis August 2015 legten die anwaltlich vertretenen Kläger Widerspruch ein und trugen vor, die Kosten der Unterkunft seien fehlerhaft ermittelt worden. Im März 2015 sei die Wartung der Heizung erfolgt und im Juni 2015 die Abfallgrundgebühr zu berücksichtigen. Nach Einreichung entsprechender Nachweise im Februar 2016 erließ der Beklagte den Änderungsbescheid vom 1. März 2016 und gewährte den Klägern höhere Leistungen unter Berücksichtigung der Heizungswartungskosten und der Abfallgrundgebühr. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2016 wies er den Widerspruch der Kläger nach Erteilung des Änderungsbescheids vom 1. März 2016 als unbegründet zurück. Eine Kostenerstattung notwendiger Aufwendungen könne nicht erfolgen, da die zur Neuberechnung erforderlichen Nachweise erst im Widerspruchsverfahren eingereicht worden seien. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung sei im Hinblick auf die damals vorliegenden Unterlagen rechtmäßig erfolgt.

Dagegen haben die Kläger am 1. April 2016 Klage beim SG Dessau-Roßlau erhoben und ausgeführt, die notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren seien vom Beklagten zu erstatten. Diesem sei bekannt, dass der Landkreis zum 1. Juli eines jeden Jahres Abfallgrundgebühren erhebe und die Kläger ihre Heizung einmal jährlich warten ließen. Im Rahmen der Amtsermittlung hätte der Beklagte den Gebührenbescheid sowie die Heizungswartungsrechnung abfordern müssen.

Mit Urteil vom 19. Februar 2021 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Widerspruch der Kläger sei nicht erfolgreich gewesen, da er vollständig zurückgewiesen worden sei. Zwar hätten die Kläger aus formaler Betrachtungsweise obsiegt. Dies beruhe jedoch auf der nachträglichen Erfüllung von Mitwirkungspflichten. Dies stehe einer Kostenerstattungspflicht des Beklagten entgegen. Die Rechtsfragen seien höchstrichterlich geklärt.

Gegen das ihnen am 10. März 2021 zugestellte Urteil haben die Kläger am 9. April 2021 Nichtzulassungsbeschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt erhoben und ausgeführt: Das SG sei von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) abgewichen. Der Beklagte habe bei Erlass des Ausgangsbescheids gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verstoßen. Der Erlass eines endgültigen Bescheids trotz erst künftig ermittelbarer, allenfalls prospektiv schätzbarer Umstände ohne rechtliche Schätzungsbefugnis statt eines vorläufigen Bescheids sei nach der Rechtsprechung des BSG von Anfang an rechtswidrig. Da die Abfallgebührensatzung im Amtsblatt des Landkreises Wittenberg veröffentlicht worden sei, habe der Beklagte diese Gebühren zum Zeitpunkt der Fälligkeit ab öffentlicher Bekanntgabe bewilligen bzw. als Bedarf berücksichtigen müssen. Zudem habe die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung. Diese ergebe sich daraus, dass der Beklagte seit vielen Jahren Unterkunftskosten nur auf Nachweis erbringe und damit gegen das Bedarfsdeckungsprinzip verstoße. Nach Auffassung der Kläger sei eine vorläufige Leistungserbringung auf der Grundlage des Vorjahres vorzunehmen. Die Entscheidung des Beklagten wäre aufzuheben und der Klage stattzugeben gewesen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. Februar 2021 zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er führt aus, keiner der in § 144 Abs. 2 SGG geregelten Zulassungsgründe liege vor. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache sei nicht erkennbar. Es handle sich um eine Einzelfallentscheidung, die das SG auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung getroffen habe. Eine Divergenz liege nicht vor. Das SG habe keinen von der Rechtsprechung des LSG oder BSG abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Auch die Kläger hätten keine abweichende Entscheidung benannt. Zudem liege kein Verfahrensmangel vor, denn ein konkreter Verfahrensverstoß sei nicht gerügt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.

II.

Die Nichtzulassungsbes...

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