Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Berechnung des Zuschusses zu den ungedeckten angemessenen Unterkunftskosten von aus dem Leistungssystem ausgeschlossenen Auszubildenden. Abzug des Kindergeldes vom Unterkunftsbedarf. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Berechnung des ungedeckten Unterkunftsbedarfs nach § 22 Abs 7 SGB 2 darf dem Auszubildenden gewährtes Kindergeld nicht als Einkommen isoliert von dem Unterkunftsbedarf in Abzug gebracht werden.
2. Der Zuschuss nach § 22 Abs 7 SGB 2 darf einen Auszubildenden im Ergebnis nicht besser stellen, als er stünde, wenn er neben BAföG-Leistungen noch ergänzende Leistungen nach dem SGB 2 erhalten könnte.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 2. April 2008 wird abgeändert und teilweise aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Juli 2008 einen weiteren monatlichen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft in Höhe von 124,00 € monatlich vorläufig zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die dem Antragsteller entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu 4/5 zu tragen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Antragsteller zu gewährenden Zuschusses zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der am … 1986 geborene Antragsteller besucht seit August 2007 bis voraussichtlich Juli 2010 das Fachgymnasium der Berufsbildenden Schulen M. L. .
Er bewohnt seit Juli 2006 eine eigene Wohnung, für die er eine Kaltmiete von 190,00 € zuzüglich Betriebs- und Nebenkostenabschlag von zunächst 60,00 € zu zahlen hatte. Seit Januar 2008 betragen die Nebenkostenvorauszahlungen 70,00 €. Aufgrund einer mit dem Vermieter wegen seiner finanziellen Situation getroffenen Vereinbarung zahlt der Antragsteller seit Januar 2008 nur noch einen Betrag von 100,00 € monatlich als Abschlag auf diese Verbindlichkeiten. Das Warmwasser wird im Mehrfamilienhaus, in dem sich die von dem Antragsteller bewohnte Wohnung befindet, durch die Zentralheizung aufbereitet.
Im Zeitraum vom 1. August 2007 bis 31. Juli 2008 erhielt der Antragsteller ausweislich eines Bescheides des Landkreises Mansfeld-Südharz Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe 412,00 € monatlich.
Am 5. Juli 2007 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 7 SGB II. Hierauf bewilligte diese vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 einen Zuschuss von monatlich 190,00 €. Wie dieser Zuschuss errechnet wurde, ergibt sich nicht aus den Verwaltungsakten der Antragsgegnerin.
Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 8. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Juli 2008 einen monatlichen Betrag von 20,00 €. Dabei rechnete sie erstmals das von seiner Mutter an den Antragsteller ausgezahlte Kindergeld abzüglich eines Pauschbetrags von 30,00 € bei der Ermittlung des ungedeckten Unterkunftsbedarfes an.
Den dagegen vom Antragsteller mit der Begründung, das Kindergeld sei nicht anzurechnen, erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2008 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Antragsteller am 13. Februar 2008 beim Sozialgericht Halle (SG) Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung hat er vorgetragen: Er sei alleinstehend und nicht in der Lage, aus den Gesamtleistungen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er müsse aus den BAföG-Leistungen neben den Unterkunftskosten auch die Fahrten zur Schule bestreiten. So fahre er täglich von S. nach E., wofür er täglich 10,80 € aufwenden müsse. Hinzu kämen Kosten für Fachliteratur sowie Aufwendungen für Strom in Höhe von 48,00 € monatlich sowie die GEZ-Gebühren, welche er selbst zahlen müsse.
Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrte der Antragsteller die Bewilligung von weiteren monatlichen Leistungen in Höhe von 190,00 €.
Mit Beschluss vom 2. April 2008, der dem Antragsteller am 8. April 2008 zugestellt wurde, lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab und führte zur Begründung aus: § 22 Abs. 7 SGB II sei eine Durchbrechung des in § 7 Abs. 5 SGB II aufgestellten Grundsatzes, nachdem u.a. Schüler, die BAföG beziehen könnten, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten. Die Durchbrechung des Grundsatzes führe dazu, dass hinsichtlich des Anspruchs auf Zuschuss zu den Unterkunftskosten die volle Prüfung nach den Regeln des SGB II durchzuführen sei. Der Anspruch könne sich allein auf die angemessenen und ungedeckten Kosten der Unterkunft beziehen. § 22 Abs. 2a SGB II sei zu beachten. Von den angemessenen tatsächlichen Unterkunftskosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sei der Anteil der bereits nach ...