Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Klagebefugnis gegen Schiedsstellenbeschluss nach § 76 SGB 11, der nach Antragsrücknahme nur Kostenregelung enthält. Auslegung von § 13 der Schiedsstellenverordnung Sachsen-Anhalt
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Klagebefugnis gegen einen Beschluss der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI, der nach Rücknahme des Antrags auf Einleitung des Schiedsstellenverfahrens nur eine Kostenregelung enthält.
2. Zur Auslegung von § 13 der Verordnung über die Schiedsstelle nach § 76 des Elften Buches Sozialgesetzbuch vom 4.4.2016 für das Land Sachsen-Anhalt (juris: SGB11§76V ST), wenn das Schiedsstellenverfahren durch Rücknahme des Antrags beendet wird.
Tenor
Die Gebührenfestsetzungsbeschlüsse vom 6. Juli 2016 (Az. 01/2016 und 02/2016) werden aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu über die Kostentragungspflichten zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klageverfahren.
Der Streitwert wird auf jeweils 350 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Kostenfestsetzungen der Beklagten im Rahmen von zwei Schiedsstellenverfahren nach § 76 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI).
Am 1. März 2016 stellte die Beigeladene zu 1., die U. GmbH, Trägerin u.a. der Häuser "S." in H. und "H. d. S." in E., bei dem Beklagten Anträge auf Einleitung von Schiedsverfahren und die Festsetzung von Entgelten für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2016. Die Anträge erfolgten zunächst fristwahrend, eine zeitnahe Begründung wurde angekündigt. Vorangegangen waren ergebnislose Vergütungsverhandlungen auf die Anträge der Beigeladenen zu 1. auf Anpassung der Pflegesätze vom 2. November und 16. Dezember 2015. Die Schiedsstellenverfahren wurden eingeleitet und als Antragsgegner wurden der Kläger und die Beigeladenen zu 2. bis 7. geführt. Am 28. April 2016 fand ein Termin statt, zu dem nach Darstellung des Klägers unzureichende Lohnunterlagen vorgelegt wurden; die dort vereinbarte Vorlage überarbeiteter Lohnnachweise sei nicht erfolgt. Mit Telefax vom 23. Juni 2016 nahm die Beigeladene zu 1. die Schiedsanträge zurück.
Telefonisch wurde der Kläger am 28. Juni 2016 auf die Neuregelung der Gebührenordnung und die Folge der hälftigen Kostenteilung bei Fehlen einer Vereinbarung über die Kosten hingewiesen. Eine Einigung mit der Beigeladenen zu 1. über die Kostentragung gelang in der Folgezeit nicht.
Bereits am 6. Juli 2016 hatte der Vorsitzende der Schiedsstelle mit Gebührenfestsetzungsbeschlüssen die Verfahrensgebühren für die Schiedsstellenverfahren auf jeweils 700 EUR festgesetzt. Die Gebühr sei nach § 1 Abs. 1 Anlage 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Schiedsstellen auf die Mindestgebühr festzusetzen. Die Gebühr sei gemäß § 13 Abs. 3 der Verordnung über die Schiedsstelle nach § 76 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SchVO) i.d.F. vom 4. April 2016 (Gbl. LSA Nr. 10/2016, S. 147 f.) jeweils hälftig von Antragsteller und Antragsgegner zu tragen. Die Parteien hätten hierzu keine anders lautende Vereinbarung getroffen. Die Beschlüsse wurden dem Kläger jeweils am 8. Juli 2016 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Die Gebührenrechnungen i.H.v. jeweils 350 EUR wurden am 26. August 2016 an die Beigeladene zu 1. sowie an die Koordinierungsstelle bei der AOK Sachsen-Anhalt gesendet. Nach einer Vereinbarung über das Umlageverfahren von Kosten durch die Kostenträger der Pflegeversicherung vom 27. März 2001 trägt der zuständige Träger der überörtlichen Sozialhilfe 20% der Schiedsstellenkosten.
Gegen die Gebührenfestsetzungsbeschlüsse hat - nur - der Kläger am 8. August 2016 Klagen beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt erhoben. Er macht geltend, die Beschlüsse seien hinsichtlich der vorgenommenen Gebührenteilung rechtswidrig. Die Gebührenteilung nach § 13 Abs. 3 SchVO könne nur für ordnungsgemäße, zulässige Schiedsverfahren gelten. Die Anträge vom 1. März 2016 seien aber lediglich fristwahrend und ohne Begründung gestellt worden und gemäß § 7 Abs. 1 SchVO unzulässig gewesen. Eine fristwahrende Anrufung der Schiedsstelle wäre nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht erforderlich gewesen. Hier treffe den Einrichtungsträger das alleinige Verschulden an den Schiedsstellenverfahren. Die Beklagte habe auch den Beteiligten weder die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben noch abgewartet, bis eine Einigung zur Frage der Kostentragungspflicht erzielt habe werden können.
Der Kläger beantragt jeweils,
die Gebührenfestsetzungsbeschlüsse der Beklagten vom 6. Juli 2016 (Az. 01/2016 und 02/2016) aufzuheben und diese zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt jeweils,
die Klagen zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, § 13 Abs. 3 SchVO könne nicht auf ordnungsgemäße Schiedsstellenverfahren beschränkt werden. Der Verordnungsgeber unterscheide nicht zwischen dem Abschluss eines Vergleichs und beiderseitigen E...