Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Übergangsrecht. Beitrittsgebiet. Berufskrankheit. Unfallrente. Versicherungsfreiheit. NVA-Soldat. Grundwehrdienst. Wehrdienstbeschädigung. Anwendung der Ausschlussfrist gem § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die auf § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO beruhende Versagung der von einem NVA-Soldaten beantragten Entschädigung wegen einer durch den Wehrdienst verursachten Erkrankung nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung verstößt weder gegen Art 14 Abs 1 GG noch gegen Art 3 Abs 1 GG (Anschluss an BSG vom 10.10.2002 - B 2 U 10/02 R = HVBG-INFO 2002, 3454).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob dem Kläger wegen der Folgen eines Hodentumors Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.
Der ... 1954 geborene Kläger leistete vom 02. Mai 1974 bis zum 31. Oktober 1975 seinen Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Er war in einem Hubschraubergeschwader tätig und musste dort einen Peilsender bedienen, warten und instandsetzen. Der Kläger hat vorgetragen, dass er dabei Radarstrahlen ausgesetzt gewesen sei. Im November 1984 erkrankte er an Hodenkrebs, in dessen Folge ihm der Hoden, eine Niere sowie Drüsen entfernt wurden.
Am 16. Juli 2001 meldete er bei der Beklagten Ansprüche an und trug dazu vor, dass durch die den Operationen nachfolgenden Chemotherapien Leber und Niere geschädigt und diverse Nebenerscheinungen hervorgerufen worden seien. Am 23. Oktober 2001 wurden der Beklagten von der Wehrbereichsverwaltung VII aus Strausberg Antragsunterlagen übersandt, die der Kläger dort auch wegen der Geltendmachung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen eingereicht hatte. Die Beklagte holte einen Bericht von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. B vom 27. März 2002 ein, der ärztliche Berichte aus der Zeit der DDR beifügte. Ferner fragte sie unter dem 04. April 2002 bei der Wehrbereichsverwaltung Ost an, ob der Kläger während seiner Tätigkeit bei der NVA ionisierenden Strahlen im Sinne der Berufskrankheit (BK) Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ausgesetzt gewesen sei. Unter dem 11. Juli 2002 teilte diese mit, dass der Kläger keiner die Gesundheit gefährdender ionisierender Strahlung ausgesetzt gewesen sei. Dieser sei auf einer Flugsicherungsstation mit Funkfeuer und Funkpeilung und nicht auf einer Radarstation eingesetzt gewesen.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2002 lehnte die Beklagte die Feststellung der Gesundheitsstörungen Hodentumor links und Drüsenkrebs als entschädigungspflichtige BK ab. Eine BK der Nr. 2402 der Anlage zur BKV liege nicht vor. Der Tatbestand einer schädigenden Einwirkung sei nicht erwiesen, weil der Kläger nach der Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Ost keinen ionisierenden Strahlen, jedenfalls nicht in einem die Gesundheit gefährdenden Ausmaß, ausgesetzt gewesen sei. Den dagegen am 29. Juli 2002 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2003 zurück.
Daraufhin hat der Kläger am 21. Februar 2003 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Mit Beschluss vom 23. April 2003 hat das Sozialgericht das Ruhen des Verfahrens angeordnet, weil der Abschluss der Arbeit der vom Verteidigungsausschuss des Bundestages beauftragten unabhängigen Expertenkommission für Fragen der Einwirkung von ionisierenden Strahlen beim Wehrdienst in der NVA abgewartet werden solle. Nachdem die Beklagte am 15. November 2004 den Kurzbericht der Kommission vom 02. Juli 2003 vorgelegt hat, hat das Sozialgericht das Verfahren wieder aufgenommen. Der anwaltlich vertretene Kläger hat seine Klage mit Schriftsatz vom 21. Juni 2006 umfassend begründet und diverse Materialien vorgelegt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2006 abgewiesen, wobei es davon ausgegangen ist, der Kläger beantrage, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, den Hodentumor als Wehrdienstbeschädigung, hilfsweise als Berufskrankheit durch Einwirkung von Strahlen anzuerkennen und zu entschädigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage nicht zulässig sei soweit ein Anspruch auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung geltend gemacht werde, weil die Beklagte als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung dafür nicht zuständig sei. Die darüber hinausgehende Klage sei unbegründet. Der Anspruch des Klägers auf Anerkennung einer BK sei auch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu beurteilen, da die Erkrankung der Beklagten erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt geworden sei. Es könne dahinstehen, ob er während des Wehrdienstes schädigenden Strahlen ausgesetzt gewesen sei. Denn diese Einwirkungen hätten sc...