Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragspflicht eines landwirtschaftlichen Unternehmers zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung trotz bestehender Pflichtversicherung nach dem SGB 5

 

Orientierungssatz

1. Beruht das Unternehmen eines Landwirts auf Bewirtschaftung und erreicht dessen Betrieb die Mindestgröße gemäß § 1 Abs. 5 ALG, so ist er als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG pflichtversichert.

2. Eine als Rentner nach dem SGB 5 bestehende Pflichtversicherung steht der Beitragserhebung nicht entgegen. Nach §§ 39, 40 KVLG haben landwirtschaftliche Unternehmer, die gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, einen Krankenversicherungsbeitrag auf der Grundlage der Führung eines landwirtschaftlichen Unternehmens zu zahlen und zusätzlich einen Krankenversicherungsbeitrag aus der Rente zu entrichten.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.09.2021; Aktenzeichen B 12 KR 27/21 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen eines erneuten Überprüfungsverfahrens die Beitragsfestsetzung für die Jahre 2008 und 2009, wobei der Kläger sich vor allem auch gegen seine Versicherungs- und Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung wendet.

Der 1948 geborene Kläger bezog seit Oktober 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. 548,87 € monatlich (Stand Mai 2005). Unter dem 1. März 2006 informierte er die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend die Beklagte) telefonisch, dass er bei der Barmer Ersatzkasse (BEK) versichert sei. Diese Krankenkasse teilte der Beklagten daraufhin mit, der Kläger sei seit dem 19. Oktober 2004 bei ihr gemäß § 5 Abs. 11 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) versichert.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2006 stellte die Beklagte ab dem 1. November 2004 eine Krankenversicherung des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer fest. Die Beitragsforderung betrage 3.075,44 €. Zur Begründung verwies sie auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2477, 2557 - KVLG 1989). Das Unternehmen des Klägers überschreite mit einer Fläche von 66,92 ha die Mindestgröße. Die Beitragshöhe ergebe sich aus der Multiplikation der bewirtschafteten Hektarfläche mit dem Hektarwert. Unter dem 11. Mai 2006 teilte die BEK mit, der Kläger sei seit dem 1. November 2004 nicht mehr bei ihr versichert.

Am 11. Dezember 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Hinweis auf Vollstreckungsmaßnahmen gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hinsichtlich der Forderungen i.H.v. mittlerweile 5.532,24 € eine Überprüfung. Außer der Rente habe er keine Einnahmen.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2006 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 6. Februar 2006 ab, da die Überprüfung dessen Richtigkeit ergeben habe. Der Kläger sei bei ihr seit dem 1. November 2004 als landwirtschaftlicher Unternehmer versichert. Als Mindestgrenze gelte hier ein Wert von 4 ha. Die Versicherungspflicht als Rentenbezieher sei gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Halbs. 1 KVLG 1989 gegenüber der Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nachrangig. Weiterhin erläuterte die Beklagte ausführlich die Beitragsberechnung.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, er habe der DEGES 10 ha für den Autobahnbau abgeben müssen. Von seiner Rente würden bereits Krankenversicherungsbeiträge abgeführt. Aus dem landwirtschaftlichen Unternehmen werde weder Umsatz noch Gewinn erzielt.

Unter dem 5. Januar 2007 berechnete die Beklagte die Beiträge neu und setzte sie ab dem 1. Januar 2007 für die Krankenversicherung i.H.v. 184,00 € monatlich fest. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und wiederholte seine bisherigen Ausführungen.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2007 änderte die Beklagte (handelnd als Kranken- und Pflegekasse) den Einstufungswert ab dem 1. Januar 2005 und setzte die Beiträge für die Jahre 2005 einschließlich der laufenden Beiträge (ab 2006 auch für die Pflegeversicherung) - und damit zugleich eine Beitragsforderung i.H.v. 5.997,79 € - fest. Der Höhe nach blieben die Beiträge für die Jahre 2005 und 2006 unverändert. Die Beklagte führte aus, es bestehe Versicherungspflicht nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI).

Mit gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einbezogenem Bescheid vom 14. Februar 2007 lehnte die Beklage einen Antrag des Klägers auf Befreiung nach dem KVLG 1989 ab, da dieser nicht fristgerecht gestellt worden sei. Zudem seien bereits Leistungen zu Lasten der landwirtschaftlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2007 wies die Beklagte - handelnd als Kranken- und Pflegekasse - die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 12. Dezember 2006, 5. und 29. Januar 20...

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