Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsbescheid nach Verletzung der Anzeigepflicht des Arbeitgebers nach § 13 Abs 2 SchwbG. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Hinweispflicht des Arbeitsamtes auf die Möglichkeit der Beantragung von Gleichstellungen

 

Orientierungssatz

Ein Arbeitgeber, der die Anzeigepflicht nach § 13 Abs 2 SchwbG verletzt hat, kann sich nicht mit der Begründung gegen die Feststellung der Verletzung der Beschäftigungspflicht wenden, dass das Arbeitsamt ihn nicht auf die Möglichkeit der Erfüllung der Beschäftigungspflicht durch die Beantragung von Gleichstellungen nach § 2 Abs 1 SchwbG hingewiesen habe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund einer Verletzung der Beratungspflicht besteht nicht, da der Antrag auf Gleichstellung nur von dem Behinderten selbst gestellt werden kann und und die Gleichstellung die Rechte des Arbeitgebers nicht unmittelbar betrifft.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin der Beklagten die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Schwerbehinderten bzw. der den Schwerbehinderten gleichgestellten Arbeitnehmer für die Jahre 1994 bis 1997 rechtzeitig und zutreffend angezeigt hat.

Die Klägerin betreibt ein Fuhrunternehmen in H. Mit Schreiben vom 4. April 1995 teilte sie der Beklagten mit, dass sie sich in der Anzeige nach § 13 Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) für 1994 nicht einordnen könne, da sie kein privater Arbeitgeber und auch kein Arbeitgeber der öffentlichen Hand sei. Des Weiteren sei sie nicht in der Lage, laut der Vorgabe drei Arbeitnehmer nach dem SchwbG einzustellen, da von ihren 49 Arbeitnehmern 39 als Lkw-Fahrer und vier als Schlosser tätig seien und wegen der Schwere der Arbeit keine Schwerbehinderten eingesetzt werden könnten. Diese Erklärung wiederholte sie mit Schreiben vom 7. Juni 1995, 29. März 1996 und 23. April 1996.

Im Dezember 1996 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Anzeige für das Jahr 1996 auszufüllen. Die Klägerin gab unter dem 18. Februar 1997 an, sie habe im Jahre 1996 in keinem Monat 16 oder mehr Arbeitsplätze im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG zur Verfügung gestellt. Am 6. März 1998 übersandte die Klägerin der Beklagten Anzeigen vom 25. Februar 1998 für die Kalenderjahre 1994 bis 1997, die von einer Sollbeschäftigung für die jeweiligen Monate von ein bis drei Schwerbehinderten, Gleichgestellten oder sonstigen anrechnungsfähigen Personen und von zwei bzw. drei und ab August 1997 von vier entsprechend besetzten Arbeitsplätzen ausgingen.

Im Betrieb der Klägerin waren in den Jahren 1994 bis 1997 u. a. die behinderten Arbeitnehmer L, B, N und L beschäftigt. Bei Ulrich L war seit dem 25. Februar 1992 ein Behindertengrad (GdB) von 40 und bei Hans-Joachim B seit dem 10. Februar 1993 ebenfalls ein GdB von 40 festgestellt; Edgar N, der bis zum 30. September 1995 bei der Klägerin beschäftigt war, verfügte über einen Behindertenausweis der DDR, ausgestellt am 12. August 1988. Monika L besitzt seit dem 25. August 1997 einen Schwerbehindertenausweis.

Mit Bescheid vom 25. März 1998 stellte die Beklagte die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SchwbG anzuzeigenden Verhältnisse für die Jahre 1994 bis 1997 fest, weil die Klägerin die Anzeige nicht richtig erstattet habe. Sie ging hierbei davon aus, dass die Klägerin durchgehend auf mehr als 16 Arbeitsplätzen keine Schwerbehinderten oder diesen Gleichgestellte oder sonstige anrechnungsfähige Personen beschäftigt hatte.

Die Klägerin erhob Widerspruch und behauptete, sie sei erst im Februar 1998 vom Arbeitsamt darüber informiert worden, dass sie zur Abgabe dieser Formulare verpflichtet gewesen sei. Wäre die Information über die Anzeigepflicht früher erfolgt, hätten die fehlenden Gleichstellungsanträge sofort gestellt werden können und nicht erst im Jahre 1998. Auch die Behinderten seien vom Arbeitsamt über die Möglichkeit der Gleichstellung nicht unterrichtet worden. Alle drei Arbeitnehmer seien sich einig gewesen, dass sie nach entsprechender Aufklärung selbstverständlich den Gleichstellungsantrag gestellt haben würden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 1998 hinsichtlich der Kalenderjahre 1994 bis 1996 als unbegründet zurück und hob den Bescheid, soweit er die Feststellung für das Jahr 1997 betraf, auf. Zur Begründung gab sie an, die Klägerin habe 1994 bis 1996 ca. 43 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Nachprüfung habe ergeben, dass lediglich die Arbeitnehmerin Monika L ab August 1997 über einen festgestellten GdB von wenigstens 50 verfüge. Die Arbeitnehmer L, B und K hätten erst am 6. April 1998 die Gleichstellung beantragt. Der Arbeitnehmer N sei am 30. September 1995 aus dem Betrieb ausgeschieden. Damit lägen die Voraussetzungen für den Feststellungsbescheid vor. Das Vorbringen der Klägerin, die fehlerhafte Anzeige sei auf fehlende Aufklärung und Information durch das Arbeitsamt zurückzuführen, könne nicht durchgreifen, weil ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht bestehe. Dieser habe zur Voraussetzung, dass der Sozial...

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