Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Fahrkostenerstattung zur ambulanten Bisphosphonattherapie. keine "hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" bei unabsehbarer Behandlungsdauer. keine Mobilitätseinschränkung durch nur vorübergehende Erschöpfungszustände. sozialgerichtliches Verfahren. kein isolierter Streitgegenstand gegenüber einem beigeladenen Grundsicherungsträger. Zuzahlung. Geplantes Therapieschema. Regelbeispiele
Leitsatz (amtlich)
1. Das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" iS von § 8 Abs 2 KrTRL ist bei monatlichen Behandlungen auch dann zu verneinen, wenn sich die Behandlung auf einen unabsehbaren Zeitraum erstreckt.
2. Maßgeblich für die Feststellung der Behandlungsfrequenz ist grundsätzlich, welches Therapieschema geplant wurde.
3. Eine Mobilitätseinschränkung durch vorübergehende, nur wenige Stunden anhaltende Erschöpfungszustände ist mit den in § 8 Abs 3 S 1 KrTRL genannten Merkzeichen oder Pflegestufen nicht vergleichbar.
4. Die Erstattung von Fahrtkosten kann nicht zulässigerweise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gegenüber einem beizuladenden SGB II-Leistungsträger bestimmt werden.
Normenkette
SGB V § 60 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 4, Abs. 5, § 61 S. 1, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12, § 39 Abs. 1 S. 2; SGB IX § 53; SGG § 75
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenversicherung verpflichtet ist, für die Zeit ab dem 1. November 2011 bis zum 31. Oktober 2012 die Fahrkosten der Klägerin zu einer ambulanten Bisphosphonattherapie zu übernehmen.
Die 1966 geborene Klägerin erkrankte an Brustkrebs und wurde entsprechend medizinisch behandelt. Gleichwohl entwickelten sich Metastasen, aus denen sich ein Knochenkrebs entwickelte. Dieser wurde mit einer Bisphosphonattherapie behandelt. Am 1. November 2011 verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin M. hierfür eine Krankenbeförderung. Er gab an, die Therapie sei über einen Zeitraum von zwölf Monaten erforderlich. Als Zeitraum der Serienverordnung wird "alle vier Wochen" angegeben. Mit Schreiben vom 3. November 2011 wies die Beklagte darauf hin, es sei bisher nicht ersichtlich, ob die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übernahme von Fahrkosten erfülle. Eine Übernahme der Taxikosten könne daher zurzeit nicht erfolgen.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und wies darauf hin, es handele sich um eine alle drei Wochen stattfindende Serienbehandlung. Sie sei nicht in der Lage, längere Zeit zu stehen, gehen oder zu sitzen. Dementsprechend sei sie auf ein Taxiunternehmen angewiesen. Um die S-Bahn zu nutzen, müsse sie erst einmal drei Kilometer bis zum Bahnhof in ihrem Wohnort laufen. Dies sei eine ungeahnte Belastung für sie.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies mit den Krankentransportrichtlinien (KrTrans-RL). Danach lägen die Voraussetzungen für einen Krankentransport nicht vor.
Hiergegen hat die Klägerin am 9. März 2012 Klage erhoben und vorgetragen, sie unterziehe sich alle drei Wochen jener Therapie (sogenannter Knochentropf). Sie habe für die Chemotherapie einen kostenlosen Krankentransport erhalten. Insoweit sei es widersprüchlich, wenn ihr nunmehr für die Fortführung der Krebstherapie die Fahrkosten nicht mehr erstattet würden. Auch eine onkologische Chemotherapie habe einen Anwendungszyklus von jeweils drei Wochen. Auch die weitere Voraussetzung der KrTrans-RL, dass die Behandlung den Patienten in der Weise beeinträchtige, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schäden an Leib und Leben unerlässlich sei, sei hier gegeben. Sie sei nach der Behandlung nicht mehr in der Lage, selbst zu reisen, da sie dann unter Müdigkeit und Schüttelfrost leide und sich überhaupt "vernebelt" fühle. Unter diesen Umständen könne sie nicht mit Bahn oder Bus reisen. Die Klägerin hat eine Aufstellung überreicht, wann sie jeweils Termine für jene Therapie gehabt habe. Danach fanden in der Zeit vom 9. August 2011 bis 10. Juli 2012 insgesamt 17 Behandlungen statt. Die Klägerin hat weiter darauf hingewiesen, dass diese Therapie bei ihr lebenslang durchgeführt werden müsse. Da die Beklagte die Kosten für das Taxi nicht übernommen habe, sei sie von ihrem Ehemann im privaten PKW gefahren worden. Die Strecke betrage jeweils 34 Kilometer. Bei einer entsprechenden Anwendung des Bundesreisekostengesetzes seien ihr für insgesamt 13 Fahrten im Zeitraum vom 3. Januar 2012 bis 16. Oktober 2012 (die einzeln aufgeschlüsselt wurden) Kosten von 132,60 Euro zuzüglich Parkgebühren von insgesamt 13 Euro entstanden (Auflistung Blatt 59 GA auch zu weiteren geplanten Terminen).
Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Onkologie mitgeteilt, bei der hier streitigen Therapie betrage die standardmäßige Behandlungsfrequenz ca. einmal pr...