Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erledigungsgebühr. anwaltliche Mitwirkung. Abraten von Klageerhebung nach Erlass des Widerspruchsbescheids

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch nach § 63 SGB 10 auf Erstattung einer Erledigungsgebühr für die anwaltliche Tätigkeit im Widerspruchsverfahren nach § 2 Abs 2 RVG iVm Nr 1005 und 1002 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG (juris: RVG-VV) scheidet aus, wenn die Mitwirkungshandlung des Rechtsanwalts oder der Rechtsanwältin ausschließlich darin besteht, dem Mandanten oder der Mandantin nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens unter Erläuterung der Rechtslage nahezulegen, keine Klage zu erheben (Abgrenzung zum Urteil des LSG Essen vom 14.1.2009 - L 11 KA 23/07).

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Dezember 2010 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 333,20 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die isolierte Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren, insbesondere geht es um die Berücksichtigung einer Erledigungsgebühr.

Die Klägerin ist die Prozessbevollmächtigte des Leistungsempfängers H. J. Sie führt aus abgetretenem Recht den Rechtsstreit auf höhere Kostenerstattung für die Rechtsanwaltsgebühren. Der am 22. Juni 1968 geborene Herr J. bezog bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Danach erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von dem Beklagten bzw. der Agentur für Arbeit H. - SGB II S ... (der Rechtsvorgängerin des Beklagten, solange es eine geteilte Trägerschaft in dem betreffenden Landkreis bis zum 31. Dezember 2010 gab - künftig einheitlich als der Beklagte bezeichnet). Herr J. genoss freies Wohnrecht bei seinen Eltern, der Beklagte bewilligte ihm anfänglich Grundsicherungsleistungen ohne Kosten der Unterkunft und ohne Anrechnung von Einkommen. Am 4. April 2007 stellte er einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Der Beklagte fragte bei ihm nach, ob er sich an den Stromkosten beteilige. Zunächst bewilligte der Beklagte Herrn J. mit Bescheid vom 18. April 2007 vorläufig Leistungen nach § 42 SGB I für den Zeitraum 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2007 in Höhe von 317,40 EUR monatlich. Am 20. April 2007 gingen die Angaben von Herrn J. zu dem Umfang der Hilfebedürftigkeit bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft bei dem Beklagten ein. Er gab an, dass er bei seinen Eltern lebe, die Unterkunft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde und er sich nicht finanziell an den Stromkosten beteilige. Darüber hinaus kreuzte er an, dass ihm volle Verpflegung zur Verfügung gestellt werde.

Mit Änderungsbescheid vom 26. April 2007 bewilligte der Beklagte Herrn J. für den Zeitraum 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2007 Leistungen nur noch in Höhe von 196,65 EUR monatlich: Er bekomme ab dem 1. Mai 2007 Verpflegung in vollem Umfang frei zur Verfügung gestellt. Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen würden insoweit aufgehoben. Am gleichen Tag hörte der Beklagte Herrn J. dazu an, dass ihm für Mai 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 120,75 EUR zu Unrecht gezahlt worden sei. Hierauf teilte Herr J. mit Schreiben vom 30. April 2007 mit, dass ein Missverständnis vorliegen müsse. Er erhalte keine frei Verpflegung, sondern müsse im Monat 130,00 EUR für Verpflegung bei seinen Eltern bezahlen. Er bezahle auch anteilmäßig Strom an seine Eltern. Er fügte auch eine Quittung als Nachweis für die Zahlung von 130,00 EUR am 1. Mai 2007 an seine Eltern bei. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Mai 2007 hob der Beklagte die Bewilligung für Herrn J. für Mai 2007 in Höhe von 120,75 EUR auf. Dies begründete er wie folgt: Der Hilfeempfänger erhalte ab dem 1. Mai 2007 freie Verpflegung von seinen Eltern und müsse sich nicht an den Stromkosten beteiligen. Er wusste bzw. hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. Gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erhob der Kläger persönlich mit zwei gleichlautenden Schreiben, welche an zwei verschiedene Mitarbeiterinnen adressiert sind am 21. Mai 2007, Widerspruch. Zur Begründung führte er aus: Er habe mitgeteilt, dass er für die Versorgung und für den Strom bei seinen Eltern bezahlen müsse und habe erklärt, dass in Bezug auf seine früheren Angaben ein Missverständnis vorliege. Stromkosten seien zum 1. eines Monats in Höhe von 10,00 EUR fällig. Stromkosten sowie das Verpflegungsgeld in Höhe von 130,00 EUR würden aus finanziellen Gründen an seine Eltern gezahlt. "Ich bitte Sie, dies zu überprüfen und mir ein Ergebnis mitzuteilen." Am 5. Juni 2007 stellte die Klägerin für Herrn J. einen Antrag auf Überprüfung der Bewilligung im Bescheid vom 18. April 2007, da dieser nach eigenen Angaben nicht ...

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