Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Orientierungssatz
Eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ist gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGG möglich, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Dies ist bei einer Entscheidung über eine beantragte Erwerbsminderungsrente u. a. dann der Fall, wenn das Gericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung auf eine Vielzahl ärztlicher im Wesentlichen übereinstimmender Gutachten zurückgreifen kann. Dann ist von einem geklärten Sachverhalt auszugehen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 11. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine
Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) hat.
Die 1952 geborene Klägerin erlernte nach Abschluss der 10. Klasse von 1974 bis 1977 den Beruf einer Vermessungsfacharbeiterin und war in diesem Beruf bis 1989 tätig. Hiernach erlernte sie den Beruf einer Krankenschwester von 1990 bis 1993 und arbeitete anschließend bis 2001 als Krankenschwester. Seitdem ist sie nicht mehr erwerbstätig.
Am 19. August 1997 beantragte sie erstmals eine Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. November 1997 ab und bezog sich zur Begründung u. a. auf ein fachärztliches Gutachten des Orthopäden Dipl.-Med. H. vom 17. Oktober 1997. Die nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 11. August 1998 erhobene Klage nahm die Klägerin am 21. Februar 2001 zurück (Az. S 6 RA 82/00).
Die Klägerin stellte am 29. März 2004 einen zweiten Rentenantrag. Die Beklagte holte daraufhin ein weiteres Gutachten des Dipl.-Med. H. sowie ein Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dipl.-Med. L. ein. Sie lehnte hiernach diesen Rentenantrag mit Bescheid vom 14. September 2004 ab.
Einen dritten Rentenantrag stellte die Klägerin am 11. Juli 2006. Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin nach Einholung von Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. T. und des Orthopäden Dr. B. mit Bescheid vom 22. Dezember 2006 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juni 2006. Hiergegen legte die Klägerin am 10. Januar 2007 Widerspruch ein. Sie sei nicht nur teilweise, sondern voll erwerbsgemindert. Nach Einholung eines weiteren Gutachtens der Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. W. vom 15. März 2007 nach Untersuchung am 2. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2007 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 21. Juni 2007 Klage vor dem Sozialgericht Stendal (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass sie nicht mehr in der Lage sei, eine normale Arbeitsleistung zu erbringen. Sie sei voll erwerbsgemindert, leide an umfangreichen orthopädischen Beschwerden und stehe in Schmerztherapie. Es bestehe seit Jahren eine Depression. Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte (Hausarzt MR Dr. R., Internist Dr. W. und Fachärztin für Psychiatrie K.) eingeholt. Dr. W. hat gemeint, dass die Klägerin wahrscheinlich nicht mehr vollschichtig arbeiten könne, da sie zu lange aus dem Arbeitsprozess heraus sei. Da es sich jedoch vorwiegend um orthopädische Leiden handele, solle sich hierzu aber ein Orthopäde äußern. Die Fachärztin für Psychiatrie K. hat ausgeführt, dass die Klägerin leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten könne. Ob dies vollschichtig möglich sei, wisse sie nicht, empfehle aber eine stationäre psychosomatische Reha in einer verhaltenstherapeutischen Klinik zur Konfliktbewältigung. Sie hat eine depressive Phase sowie eine anhaltende somatoforme Störung vor dem Hintergrund einer Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und vermeidenden Zügen diagnostiziert. Der behandelnde Hausarzt MR Dr. R. hat unter Bezugnahme auf orthopädische Diagnosen (Ischialgie links, Cervikobrachialsyndrom, Blockierungen der BWS sowie eine Schmerzstörung) gemeint, die Klägerin könne täglich nur noch unter drei Stunden im Wechsel der Körperhaltungen ohne schwere körperliche Arbeit tätig sein. Auf Veranlassung des SG hat der Facharzt für Orthopädie und Chirurgie und Schmerztherapeut Dr. T. ein Gutachten vom 20. August 2008 nach fachorthopädischer und fachchirurgischer Untersuchung der Klägerin am 15. August 2008 erstellt. Der Gutachter hat folgende Erkrankungen diagnostiziert:
- Pseudoradikuläres Lendenwirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfall, Operation am 3. Januar 1996 in der L4/L5-Etage links mit aktuell bestehender muskulärer Dysbalance...