Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterbliebenenrente. Jahresfrist beim Aufhebungsbescheid nach § 48 Abs 1 SGB 10. Einkommenserzielung. Kenntnis der zuständigen Stelle
Leitsatz (amtlich)
Nach § 48 Abs 4 S 1 SGB 10 iVm § 45 Abs 4 Satz 2 SGB 10 kann ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen aufgehoben werden, welche die Aufhebung rechtfertigen. Bei der Überzahlung einer Hinterbliebenenrente kommt es insoweit auf die Kenntnis der für die Sachbearbeitung zuständigen Stelle über die sonstige Einkommenserzielung des Rentenempfängers an.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 07. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger wegen eines zu berücksichtigenden Erwerbseinkommens Teile einer ihm gewährten Witwerrente in Höhe von 5.046,28 Euro zu erstatten hat.
Der am ... 1955 geborene Kläger war mit der am 23. August 2002 verstorbenen B. F. verheiratet, die seit dem 01. Januar 1992 von der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erhalten hatte (Bescheid vom 09. November 1992). Am 30. August 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung einer Witwerrente. Mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine große Witwerrente ab dem 01. September 2002 ohne Anrechnung von Einkommen. Nachdem dieser mitgeteilt hatte, dass sich ab dem 21. Dezember 2002 sein Einkommen (Arbeitslosenhilfe) geändert habe, teilte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2003 mit, dass seine Rente ab diesem Datum neu berechnet werde, wobei sich der Zahlbetrag (monatlich 425,95 Euro) nicht veränderte. Der Bescheid enthält - wie auch schon der Bescheid vom 31. Oktober 2002 - auf Seite 3 unter der Überschrift "Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten" u. a. folgenden Hinweis:
"Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können ( ) Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns den Bezug, das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen, das sind
Arbeitsentgelt,
Arbeitseinkommen (Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit),
vergleichbares Einkommen,
oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen."
Anlässlich eines Datenabgleichs mit dem Versichertenkonto des Klägers stellte die Beklagte im Dezember 2005 fest, dass dieser seit dem 11. März 2003 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübte und errechnete für den Zeitraum 11. März 2003 bis zum 31. Januar 2006 eine Überzahlung in Höhe von 5.695,20 Euro. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2005 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 18. Februar 2003 gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) für die Zeit ab dem 01. Februar 2006 auf und gewährte dem Kläger eine große Witwerrente mit Einkommensanrechnung. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 hörte sie diesen hinsichtlich einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 18. Februar 2003 ab dem 11. März 2003 und einer damit verbundenen Rückforderung in Höhe von 5.695,20 Euro an. Der Kläger teilte dazu mit, dass er die Rückforderung für unberechtigt halte. Die Arbeitsaufnahme sei der Beklagten durch seinen Arbeitgeber rechtzeitig mitgeteilt worden. Diese habe deshalb seit dem 11. März 2003 davon Kenntnis gehabt, so dass die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht eingehalten worden sei.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2006 stellte die Beklagte die Rente des Klägers für den Zeitraum vom 01. September 2002 bis zum 31. Januar 2006 neu fest und errechnete eine Überzahlung in Höhe von 5.695,20 Euro. Der Bescheid vom 18. Februar 2003 werde hinsichtlich der Rentenhöhe gemäß § 48 SGB X ab dem 11. März 2003 aufgehoben. Der überzahlte Betrag sei nach § 50 SGB X zu erstatten. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen, weil er aufgrund der Informationen im Rentenbescheid den Einfluss der Erzielung von Einkommen auf die Rentenhöhe habe erkennen müssen, und er seinen Mitteilungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Die Meldepflicht des Arbeitgebers gegenüber der Krankenkasse als Einzugsstelle berühre die gesetzlichen Mitteilungspflichten zum Hinterbliebenenrentenbezug nicht. Da sie erst am 13. Dezember 2005 positive Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlangt habe, seien Fristen noch nicht abgelaufen. Ein Mitverschulden der Beklagten könne nicht festgestellt werden. Persönliche, wirtschaftliche oder verfahrensrechtliche Umstände, die geeignet wären, von einer Erstattung abzusehen, seien nach Aktenlage nicht ersichtlich. Dagegen legte der Kläger am 20. Februar 2006 Widerspruch ein, mit dem er neben der versäumten Frist auch den Verbrauch der geleisteten Rentenzahlungen für einen notwendigen Hausbau geltend machte. Bei einer Verwirklichung der Rückforderung müsse er das Wohnhaus veräußern, was ihm nicht zugemutet wer...