Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Höhe der Verletztenrente. MdE-Bewertung. Funktionsstörung. Handverletzung mit komplexen Störungen chirurgischer und neurologischer Art
Orientierungssatz
Zur Einschätzung der MdE bei einer Handverletzung mit komplexen Störungen chirurgischer und neurologischer Art (Keine unmittelbare Heranziehung von Tabellenwerten).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente geltend.
Der 1956 geborene Kläger erlernte nach dem Schulabschluss den Beruf eines Kraftfahrzeugelektrikers und war darin tätig. Am 29. November 2002 stürzte er bei einer Betriebsfeier mit einem Gefäß in der Hand und verletzte sich dabei eine Sehne der rechten Hand. Der Arbeitsunfall ist durch den angefochtenen Bescheid anerkannt. Anschließend erhielt der Kläger bis zum 27. Mai 2004 Verletztengeld. Nach der Ambulanzdokumentation des Facharztes für Chirurgie S. vom Klinikum B. fand sich als primäre Verletzung eine 5 cm lange, quer verlaufende Wunde über dem rechten hohlhandseitigen Handgelenk mit Durchtrennung der Beugesehne des 2. Fingers. Schon frühzeitig äußerten die Ärzte der Klinik für Plastische und Handchirurgie der berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. in H. den Verdacht auf eine Durchtrennung des Nervus medianus und auf ein CRPS. Von schmerztherapeutischer Seite ergab sich die Diagnose eines CRPS II und einer chronischen Schmerzerkrankung des Stadiums I nach Gerbershagen. Im März 2003 wurden zunächst eine Neurolyse des Nervus medianus und Spaltung des Karpalkanals, sodann eine Sehnenlösung (Tenolyse) der oberflächlichen und Sehnenbefestigung (Tenodese) der tiefen Beugesehne des rechten Zeigefingers vorgenommen. Im September 2003 führten die Ärzte eine vorläufige Wiederherstellung der Beugesehne des rechten Zeigefingers durch. Im Januar 2004 erfolgte die dauerhafte Wiederherstellung durch eine Sehnentransplantation.
Im April 2004 wurde erneut eine Sehnenlösung des rechten Zeigefingers im Bereich des Handgelenkes und der fingernahen Hohlhand vorgenommen. Die Verletztengeldzahlung endete am 27. Mai 2004. Die Berufstätigkeit als Kraftfahrzeugelektriker nahm der Kläger nicht wieder auf.
Im chirurgischen Abschlussbericht der Kliniken B. vom 18. Mai 2004 beschrieben die Ärzte für den rechten Zeigefinger einen Fingerkuppenhohlhandabstand von aktiv 6 cm, passiv 4 cm. Alle anderen Finger waren in die Faust beugbar. Der Abstand zur Handrückenebene belief sich auf 2 cm.
Am 4. Juni 2004 berichtete Prof. Dr. M. von der neurologischen Abteilung der berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. in H.: Als Zeichen einer Parese im Medianusbereich fänden sich eine Einschränkung der Daumenopposition und der Mittelfingerbeugung, daneben eine mechanische Bewegungseinschränkung des Zeigefingers. Im gesamten Versorgungsgebiet des Nervus medianus finde sich (u.a.) eine Algesieminderung. Bei leichter Berührung über dem rechten Handgelenk träten elektrisierende Schmerzen auf, das Hoffmann-Tinel-Zeichen sei dort positiv. Gegen die abends zunehmenden entsprechenden Ruheschmerzen verordne er dem Kläger ein (bestimmtes) Schmerzmittel.
In einem Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung vom 25. Juni 2004 vertrat die Orthopädin Dipl.-Med. H. die Auffassung, die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sei nahezu aufgehoben. Der Faustschluss sei rechts nur mit den Fingern 3-5 möglich, der Zeigefinger sei passiv gut zu beugen, aktiv im Grundgelenk zu 0/10/70 Grad zu strecken/beugen, im Mittelgelenk zu 0/0/90 Grad und im Endgelenk in 60 Grad Beugung nicht beweglich. Die Opposition des rechten Daumens sei nicht möglich; Streckung/Beugung betrügen im Grundgelenk 0/0/40 Grad und im Endgelenk 0/0/90 Grad. Daumen, Zeige- und Mittelfinger seien gefühlsgemindert, livide verfärbt und kühler. Die grobe Kraft sei rechts vermindert.
In einer Ergänzung vom 31. August 2004 zog sie die Schlussfolgerung, das Anheben und Festhalten kleiner Gegenstände wie Schrauben oder Büroklammern sei nicht möglich, das Aufheben größerer Gegenstände, etwa eines Brillenetuis, nur unter Sichtkontakt.
Nach einem weiteren Bericht der neurologischen Abteilung der Kliniken B. vom 22. Juli 2004 zeigten sich die Ruheschmerzen unter der Schmerzmitteldosis von 800 mg täglich gebessert.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S. vom 14. September 2004 ein. Darin schätzte er die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf seinem Fachgebiet mit 20 v. H. ein. Beim Kläger lägen vor: Eine eingeschränkte aktive und passive Beweglichkeit des rechten Zeigefingers mit weitgehender Aufhebung der aktiven Fingerbeugung, eingeschränkter Beweglichkeit des Mittelgelenkes und Versteifung des Endgelenkes, eine eingeschränkte Beugefähigkeit und aufgehobene Sensibilität des rechten Mittelfingers, Operationsnarben, eine Minderung der groben Kraft der rechten Hand, eine Störung der Greiffunktion der rechten Hand, insbesond...