Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. aus eigenen Mitteln erwirtschaftetes Heiz- und Betriebskostenguthaben. Anrechnung in voller Höhe

 

Leitsatz (amtlich)

Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung (KdU) zuzuordnen sind, waren bis 31.7.2016 in voller Höhe auf die KdU-Aufwendungen im folgenden Monat anzurechnen, auch wenn sie - wegen vom SGB II-Leistungsträger mangels Angemessenheit nicht vollumfänglich "anerkannter" KdU - teilweise aus eigenen Mitteln "erwirtschaftet" wurden. Denn nach § 22 Abs 3 SGB II in der bis 31.7.2016 geltenden Fassung war eine Ausnahme ausschließlich für Rückzahlungen vorgesehen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen (§ 22 Abs 3 Halbs 2 SGB II aF). Erst durch die Neuregelung mit Wirkung vom 1.8.2016 wurde die Ausnahmeregelung des § 22 Abs 3 Halbs 2 SGB II auch auf "nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung" erweitert. Vorher kam eine anteilige Nichtberücksichtigung wegen des insoweit klaren Wortlauts von § 22 Abs 3 SGB II aF nicht in Betracht.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. August 2014 wird abgeändert. Die Bescheide des Beklagten vom 14. Dezember 2014, 14. Dezember 2011 und 15. Dezember 2011 werden aufgehoben, soweit sie die Aufhebung und Rückforderung der Leistungsbewilligung für Oktober 2011 von mehr als 313,64 EUR regeln. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung eines Guthabens aus einer Heiz- und Betriebskostenabrechnung bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Die 1951 geborene Klägerin stand beim Beklagten im Bezug von Leistungen nach dem SGB II und bewohnte seit August 2009 allein eine Mietwohnung in C ... Bis einschließlich Juli 2009 wohnte auch die 1978 geborene Tochter der Klägerin, N. P., in dieser Wohnung. Die Gesamtmiete betrug bis einschließlich September 2010 monatlich 378,04 EUR (Grundmiete: 184,89 EUR; Betriebskostenvorauszahlung: 86,15 EUR; Heizkostenvorauszahlung: 107,00 EUR). Wegen Verringerung der Heizkostenvorauszahlung auf 97,00 EUR reduzierte sich die Gesamtmiete ab Oktober 2010 auf 368,04 EUR. Ab Februar 2011 war infolge der Erhöhung der Grundmiete auf 205,48 EUR eine Gesamtmiete von monatlich 388,63 EUR zu entrichten.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin für Januar und Februar 2010 Leistungen in Höhe von monatlich je 730,25 EUR, worin Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) von 371,25 EUR enthalten waren. Für März bis Juni 2010 wurden mit dem vorgenannten Bescheid monatlich je 694,50 EUR bewilligt, worin - unter Hinweis auf die Verwaltungsvorschrift des Landkreises W. zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung - lediglich 335,50 EUR KdU enthalten waren. Mit Änderungsbescheid vom 4. März 2010 erfolgte eine "Anpassung der Kosten der Unterkunft an die aktuellen Werte", wodurch sich die monatliche Gesamtbewilligungssumme (unter Berücksichtigung eines Abzuges in Höhe von 6,47 EUR für Warmwasseraufbereitung) für Januar und Februar 2009 auf 730,57 EUR erhöhte (davon 371,57 EUR KdU).

Mit Änderungsbescheid vom 16. Juni 2010 berücksichtigte der Beklagte für Juni 2010 die Abfallgrundgebühr in Höhe von 31,61 EUR, woraus sich ein monatlicher Gesamtbewilligungsbetrag von 726,11 EUR (KdU: 367,11 EUR) ergab.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2010 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2010 monatliche Leistungen in Höhe von 694,50 EUR (KdU: 335,50 EUR).

Die jeweils gegen die Begrenzung der monatlichen KdU auf grundsätzlich 335,50 EUR gerichteten Widersprüche der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 9. März 2010 (Zeitraum März bis Juni 2010) und 9. August 2010 (Juli bis Dezember 2010) zurück. Das Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau in Bezug auf den Zeitraum März bis Juni 2010 (S 13 AS 1092/10) blieb erfolglos (klageabweisendes Urteil vom 19. August 2014). Für den Zeitraum Juli bis Dezember 2010 war unter dem Aktenzeichen S 15 AS 2714/10 ebenfalls ein Klageverfahren vor dem SG anhängig, wobei Gegenstand dieses Klageverfahrens der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. Januar 2011 wurde, mit dem der Beklagte für Oktober 2010 nur noch Unterkunftskosten in Höhe von 192,61 EUR bewilligte und dementsprechend 142,89 EUR zurückforderte im Hinblick auf die Anrechnung eines Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung vom 12. August 2010 über 142,89 EUR. Das Verfahren endete mit einem Teilanerkenntnis des Beklagten, wonach nur noch eine Anrechnung der Gutschrift in Höhe von 85,73 EUR erfolgen sollte. In Ausführung des Anerkenntnisses bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 19. Oktober 2011 für Oktober 201...

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