Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Berufsausbildungsbeihilfe. keine abstrakte Förderungsfähigkeit bei Zweitausbildung
Leitsatz (amtlich)
1. Hilfebedürftige, die eine berufliche Zweitausbildung absolvieren, können grundsätzlich einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB 2 haben.
2. Der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB 2 gem § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 erfasst nicht solche Auszubildende, die eine berufliche Zweitausbildung absolvieren. Denn eine berufliche Zweitausbildung ist schon dem Grunde nach nicht nach den Vorschriften des SGB 3 über die Förderung der Berufsausbildung förderungsfähig.
Orientierungssatz
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs 7 SGB 2 idF vom 20.7.2006.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die am ... 1983 geborene Klägerin absolvierte nach dem Abschluss des Realschulbesuches eine Ausbildung zur Bürokauffrau und schloss diese erfolgreich ab. Danach war sie ein Jahr lang in diesem Beruf tätig. Anschließend wurde sie arbeitslos und bezog bis zum 31. Juli 2005 Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit. Am 1. August 2005 nahm die damals noch im Landkreis B. lebende Klägerin bei einer Rechtsanwaltskanzlei in H. eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten auf. Nach dem Ausbildungsvertrag besteht im ersten Ausbildungsjahr Anspruch auf eine monatliche Vergütung von 255 €, im zweiten Ausbildungsjahr auf 306 € und im dritten Ausbildungsjahr auf 325 €.
Die Arbeitsgemeinschaft SGB II - Landkreis Bitterfeld bewilligte der Klägerin auf deren Antrag hin mit Bescheid vom 18. August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit bis zum 30. November 2005. Tatsächlich erhielt die Klägerin aufgrund dieser Leistungsbewilligung Leistungen für die Zeit bis Ende Oktober 2005, weil sie in diesem Monat in eine von ihr in H. angemietete Wohnung umzog und sich bei dem nun nicht mehr örtlich zuständigen Leistungsträger abmeldete. Die Miete für die Zweiraumwohnung in H. beträgt monatlich 219 € zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 70 €. Die Klägerin wohnt alleine in dieser Wohnung.
Bereits am 6. Oktober 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 1. November 2005 bei der Beklagten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab: Die gesetzlichen Voraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II lägen nicht vor. Die Klägerin sei Auszubildende und habe im Rahmen dieser Ausbildung Anspruch auf Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder nach den §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III). Die Ablehnung beruhe auf § 7 Abs. 5 und 6 SGB II (Bescheid vom 11. November 2005). Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 17. November 2005 Widerspruch mit der Begründung: Sie bewohne die Wohnung in H. alleine. Aufgrund der Kosten für die Wohnung, allgemeine Versicherungen und die Lebenshaltung sei sie dringend auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Die zweite Ausbildung habe sie angetreten, nachdem sie im zunächst erlernten Beruf dauerhaft keine Arbeit gefunden habe. Aufgrund der Leistungsbewilligung durch die Arbeitsgemeinschaft SGB II - Landkreis Bitterfeld habe sie sich auf die Förderungsfähigkeit der Zweitausbildung verlassen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2005 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 7. Dezember 2005 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. September 2006 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt: Leistungen nach dem SGB II seien nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Eine Zweitausbildung, die nach den Normen des BAföG und des SGB III nicht gefördert werde, solle auch nicht nach dem SGB II gefördert werden. Auch eine darlehensweise Leistungsgewährung scheide aus, denn die Berufsausbildung sei noch nicht so weit fortgeschritten, dass ein Abschluss bevorstehe. Die Auffassung der Kammer werde auch durch die zum 1. Januar 2007 erfolgte Neuregelung im § 22 Abs. 7 SGB II gestützt, wonach nur in den dort genannten besonders gelagerten Fällen neben den sonst grundsätzlich abschließenden Regelungen zur Ausbildungsförderung im SGB III und zum BAföG Leistungen nach dem SGB II möglich seien.
Gegen das ihr am 26. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. November 2006 Berufung eingelegt. Sie meint: § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II stehe dem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht entgegen. Ihre Zweitausbildung sei nicht nach dem SGB III förderungsfähig. Es liege zudem ein Härtefall vor. Sie sei im Vertrauen auf die Leistungszusage des Leistungsträgers in B. nach H. umgezogen. Zumindest jetzt sei die Ausbildung auch schon weit fortgesch...