Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsrecht. ehemalige DDR. Frist. Kenntnisnahme. zuständiger Unfallversicherungsträger. Antragstellung. Krankenkasse. Weiterleitung. Fiktion. Arbeitsunfall. innerer Zusammenhang. Seminarfeier. Lösung. Fenstersturz aus Internatszimmer

 

Orientierungssatz

1. Die Sonderregelung des § 16 Abs 2 SGB 1 greift auch dann ein, wenn es um die um die Einhaltung der Frist bzgl. der Kenntnisnahme des zuständigen Unfallversicherungsträgers gem. § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO geht.

2. Zum Unfallversicherungsschutz einer Ingenieurschülerin am Ende einer von der FDJ organisierten Seminarfeier, wenn sie aus ungeklärter Ursache aus dem Fenster eines Internatszimmers, das sie zwecks Mithilfe beim Aufräumen bzw. Wegräumen der von der Feier genutzten Gegenstände und zwecks Abholen ihrer dort abgelegten Jacke aufsuchte, stürzte.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.02.2001; Aktenzeichen B 2 U 11/00 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Unfall, den die Klägerin in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1981 erlitten hat, als entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall gilt.

Die ... 1962 geborene Klägerin nahm im Jahre 1980 ein Studium an der Ingenieurschule für Lederverarbeitungstechnik in W auf. Am Abend des 24. November 1981 wurde von der Seminargruppe der Klägerin eine Feier in der Kellerbar des Internats der Ingenieurschule durchgeführt. Die Feier wurde von der FDJ-Gruppe der Ingenieurschule organisiert und war von der FDJ-Sekretärin bei der Leitung des Internats angemeldet und von dieser genehmigt worden. Bei der Feier waren nahezu alle Mitglieder der Seminargruppe und die Dozenten der Ingenieurschule anwesend. Am Ende der Feier begab sich die Klägerin, die selbst nicht in dem Internat der Ingenieurschule wohnte, mit anderen Studentinnen in eines der Zimmer des Internates, das in einer der oberen Etagen lag. Die Klägerin fiel aus dem Fenster des Zimmers und erlitt schwere Verletzungen. Im Bericht des Oberarztes der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses W, in das die Klägerin am 25. November 1981 aufgenommen wurde, werden als Verletzungen aufgeführt: Schädel-Hirntrauma II. Grades mit Orbitalfraktur rechts, Pilonfraktur der linken Tibia, Sprunggelenksfraktur rechts Weber C sowie Kompressionsfraktur des dritten Lendenwirbelkörpers. Bei einer am 14. Dezember 1981 durchgeführten Osteosynthese der Pilonfraktur der Tibia links wurden auch hier Verletzungen des lateralen Sprunggelenks festgestellt. Die Klägerin befand sich bis zum 22. Januar 1982 in stationärer Behandlung. Später fanden noch stationäre Nachbehandlungen zur Materialentfernung statt.

Nach dem Unfall wurde von der Leitung der Ingenieurschule kein Verfahren auf Anerkennung des Arbeitsunfalls durch die zuständigen Stellen der Sozialversicherung der DDR eingeleitet. Der Leiter der Berufsbildenden Schulen des Landkreises W, der Nachfolgeeinrichtung der damaligen Ingenieurschule, teilte auf Anfrage des Sozialgerichts Halle in einem Schreiben vom 12. Januar 1996 mit, eine Unfallmeldung oder andere Unterlagen zum Unfall der Klägerin lägen nicht vor. Im noch vorhandenen Klassenbuch sei eingetragen, dass die Klägerin ab dem 25. November 1981 wegen Krankheit nicht mehr am Unterricht teilgenommen habe.

In einem Schreiben vom 20. Dezember 1993 an den Gemeindeunfallversicherungsverband Sachsen-Anhalt beantragte die Klägerin die Anerkennung des Arbeitsunfalls aus dem Jahre 1981. Zum Unfallhergang gab sie an: Nach Beendigung der Feier sei sie mit anderen in die Zimmer des Internats gegangen, um eine dort abgelegte Jacke zu holen. Außerdem habe sich eine enge Studienfreundin noch mit ihr unterhalten wollen. Sie hätten das Zimmer betreten, in dem sich bereits vier Studentinnen aufgehalten hätten. Sie habe die Jacke geholt und wäre zum Fenster getreten. In diesem Moment habe ihre Freundin eine Zigarette aus dem Schrank im Zimmer holen wollen und sich von ihr abgewendet. Als sich die Freundin ihr wieder zugewendet habe, habe sie schon nicht mehr am Fenster gestanden. Keine der anwesenden Studentinnen könne sich erinnern, wie es zum Sturz aus dem Fenster gekommen sei. Sie selbst könne sich bis zum heutigen Zeitpunkt nicht daran erinnern und es sich auch nicht erklären, wie es zu dem Fenstersturz gekommen sei. Die gemachten Darlegungen beruhten insgesamt auf dem, was ihr selbst über den Unfall gesagt worden sei. Das Schreiben ging am 30. Dezember 1993 bei der Barmer-Ersatzkasse in W ein. Von dort wurde es an den Gemeindeunfallversicherungsverband Sachsen-Anhalt weitergeleitet, wo es am 3. Januar 1994 einging. Die Beklagte erhielt das Schreiben am 3. März 1994.

Auf Veranlassung der Beklagten erstellte der Facharzt für Chirurgie und Traumatologie Dr. med. Sch ein Rentengutachten vom 26. Mai 1994. Die Klägerin gab gegenüber Dr. med. Sch an, von der Kopfverletzung seien keine Beschwerden zurückgeblieben; vorhanden seien aber noch: Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule nach längerem Sitzen oder Heben von Lasten, Schmerzen beim Wetterwechsel im Wirbe...

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