Rz. 35
Kollisionsrechtliche Sonderregelungen für die Nachlassabwicklung gibt es grundsätzlich nicht. Das Erbstatut bestimmt auch die Modalitäten der Eröffnung der Erbfolge, Annahme und Ausschlagung sowie die Erbenhaftung. Die Inbesitznahme von Erbschaftsgegenständen richtet sich allerdings nach der lex rei sitae als Realstatut. Sieht jedoch ein aufgrund des Erbstatuts anwendbares ausländisches Recht eine besondere Form der Besitzeinweisung vor, wird dies auch hinsichtlich in Luxemburg belegener Gegenstände angewandt.
Rz. 36
Das auf die Teilung der Erbschaft anwendbare Recht können die Erben in bestimmten Grenzen selbst bestimmen: Das aufgrund des Erbstatuts anwendbare Erbrecht regelt zwingend die Zusammensetzung des Nachlasses, die Erbquoten sowie die Art der Beteiligung der Erben am Nachlass (dinglich oder schuldrechtlich) und die Vorwegnahmerechte in Natur am ganzen Nachlass oder an einzelnen Gegenständen. Die Organisation der Erbengemeinschaft vor und im Zusammenhang mit der Teilung sowie ihre Dauer und Auflösungsmöglichkeiten unterliegen der lex rei sitae.
Rz. 37
Zum Vorwegnahmerecht luxemburgischer Erben siehe Rdn 28.
Rz. 38
Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. e) EuErbVO richtet sich der "Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte … einschließlich der Bedingungen für die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses und deren Wirkungen" nach dem gem. Art. 21 oder 22 EuErbVO anzuwendenden Recht. Art. 28 EuErbVO beinhaltet eine Sonderanknüpfung hinsichtlich der Formgültigkeit von Annahme- und Ausschlagungserklärungen.
Rz. 39
Wie früher bleibt aber auch mit Geltung der EuErbVO die Schwierigkeit der Differenzierung zwischen dem Erb- und dem Sachstatut auch im Rahmen der Nachlassabwicklung bestehen. Auch nach der EuErbVO bestimmt das Erbstatut über den Zuordnungsvorgang selbst, d.h. ob es aufgrund des Erbfalls zu einer direkten dinglichen Vermögenszuordnung für den Erben kommt oder ob es noch weiterer Akte bedarf oder der Erwerb sich zunächst mittelbar vollzieht. Das Erbstatut regelt hierbei auch die Frage, ob Teilungserklärungen eine direkte dinglich wirkende Zuweisung nach sich ziehen oder lediglich schuldrechtlich zwischen den Erben wirken. Ist nach dem Erbstatut noch ein Vollzugsakt erforderlich, um den Erwerb abzuwickeln, sind insbesondere einzelne Nachlassgegenstände zu übertragen, richtet sich dies nach dem jeweiligen Belegenheitsstatut des betreffenden Rechts. Die Auseinandersetzung bedarf in Luxemburg eines Teilungsverfahrens, Art. 815 ff. Cciv. Ist dieses durchgeführt, wirkt die Teilung nach der Fiktion des Art. 883 Cciv dann aber auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurück, und zwar im Verhältnis zu Dritten, als wäre der Nachlass bereits mit dem Erbfall ipso iure auf den betreffenden Empfänger übergegangen.