Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Ob eine Markise zu einer nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindruckes einer Wohnanlage führt, liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet. Im vorliegenden Fall hatte das LG über Augenschein und gefertigte Lichtbilder die Beeinträchtigung anderer Eigentümer hinsichtlich einer unauffällig unter einem Dachüberstand installierten Markise verneint. An diese rechtsfehlerfreie tatrichterliche Würdigung ist das Rechtsbeschwerdegericht weitgehend gebunden.
2. Bei grundsätzlich der Zustimmungspflicht aller Wohnungseigentümer unterliegenden baulichen Veränderungen ist von einem nicht duldungspflichtigen Nachteil (im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG) nur zu sprechen bei einer nicht ganz unerheblichen Beeinträchtigung; dabei stellt nicht jede Änderung des architektonischen Erscheinungsbildes eine über das mit § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehende Beeinträchtigung dar. Entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in einer entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (hier vom LG verneint).
3. Eine Markise kann zwar das Erscheinungsbild eines Gebäudes verändern; in der Regel wird auch eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung in Frage kommen; sie stellt aber auch in ausgezogenem Zustand nicht in jedem Fall eine optische Beeinträchtigung des Gesamteindruckes dar (vgl. OLG Düsseldorf, DWE 89, 176/178). Soweit die Rechtsprechung bei fehlender Zustimmung eines Wohnungseigentümers auf Entfernung einer nachträglich angebrachten Markise erkannt hat (BayObLG, NJW-RR 86, 178; OLG Frankfurt, OLGZ 86, 42/43; bezüglich Vertikalmarkise vor einer Terrasse KG Berlin, WM 94, 99/100; bezüglich Ladenmarkise KG Berlin, ZfBR 95, 169, 170), beruhte dies auf tatsächlichen Feststellungen über vorliegende Beeinträchtigungen.
Im vorliegenden Fall war die Balkonmarkise nach Feststellungen des LG unauffällig unter einem Dachüberstand angebracht und in eingefahrenem Zustand von außen kaum sichtbar; auch bei ausgefahrener Markise werde der optische Gesamteindruck durch die hellgrau-gelb-gestreifte Markise nicht beeinträchtigt. Auch die Sicht des Nachbareigentümers sei durch die Balkonmarkise nur ganz unwesentlich behindert, ebenso der Sonneneinfall auf seinem Balkon nicht gestört.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei Geschäftswert von 2.000 DM.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 01.06.1995, 2Z BR 34/95)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer