Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung
Verfahrensgang
AG Hersbruck (Aktenzeichen UR II 78/93) |
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 T 9104/94) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. März 1995 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Eigentümer einer Wohnanlage. Der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gehören jeweils eine Wohnung im obersten, 2. Stock. Ihre Wohnungen liegen nebeneinander. Diese haben auf der Südseite jeweils einen etwa 5 m langen Balkon. Die Balkonflächen der Wohnungen sind nur durch eine Holzwand voneinander getrennt.
Die Antragsgegnerin brachte ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer an der Außenwand des Hauses über ihrem Balkon eine Markise an. Die Antragstellerin verlangt die Beseitigung der Markise. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 10.10.1994 den Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 15.3.1995 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Antragsgegnerin sei nicht verpflichtet, die von ihr angebrachte Markise zu beseitigen. Die von ihr durchgeführte Maßnahme stelle zwar eine bauliche Veränderung dar. Diese bedürfe aber nicht der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, weil sie keine weitergehenden Nachteile bewirke als dies bereits durch die Begründung von Sondernutzungsrechten bedingt und daher hinzunehmen sei. Die von der Antragsgegnerin angebrachte Markise störe den optischen Gesamteindruck des Anwesens in keiner Weise. Gegenüber den auffälligen, mit dunklem Holz verkleideten Balkonen trete sie in den Hintergrund. Sie sei, wie die vom Amtsgericht bei dem Augenschein gefertigten Lichtbilder zeigten, unauffällig unter dem überstehenden Dach installiert. Soweit die Antragstellerin sich auf eine Beeinträchtigung bei ausgezogener Markise berufe, sei diese unbedeutend. In Anbebracht der Breite der Balkone werde auch der Sonneneinfall nicht behindert. Ebenso habe die Antragstellerin freie Sicht in jeder Richtung mit Ausnahme des Blickwinkels nach rechts oben direkt an der gemeinsamen Balkonbegrenzung. Dies würde jedoch auch bei Aufspannen eines Sonnenschirms der Fall sein.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Beseitigung der Markise gemäß § 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gegeben.
a) Das Anbringen einer Markise stellt zwar, wie das Landgericht zu Recht ausführt, eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht (BayObLG NJW-RR 1986, 178; OLG Frankfurt OLGZ 1986, 42/43; KG WuM 1994, 99/100; KG ZMR 1995, 169/170; Henkes/Niedenfür/Schulze WEG 3. Aufl. § 22 Rn. 5; Weitnauer WEG 7. Aufl. § 22 Rn. 2c). Eine bauliche Veränderung dieser Art bedarf auch grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Sie ist jedoch dann entbehrlich, wenn die Wohnungseigentümer durch die Maßnahmen keinen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehende Nachteil erfahren (§ 22 Abs. 1 Satz 2, § 14 Nr. 1 WEG). Unter Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Es stellt aber nicht jede Änderung des architektonischen Erscheinungsbildes eine über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehende Beeinträchtigung dar (vgl. BayObLG NJW-RR 1993, 337 m.w.N.). Entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in einer entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGHZ 116, 392/396 m.w.N.). Dies ist nach den Feststellungen des Landgerichts hier nicht der Fall.
b) Aufgrund der vom Amtsgericht bei Durchführung eines Augenscheins gefertigten Lichtbilder hat das Landgericht festgestellt, die Antragstellerin werde durch die von der Antragsgegnerin angebrachte Markise nicht beeinträchtigt. Diese Würdigung liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet; sie kann vom Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO nur darauf überprüft werden, ob sie auf einem Rechtsfehler beruht (BayObLG aaO). Dies ist zu verneinen.
Eine Markise kann zwar das Erscheinungsbild eines Gebäudes verändern. In der Regel wird eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung in Frage kommen. Eine Markise stellt aber auch in ausgezogenem Zustand nicht in jedem Fall eine optische Beeinträchtigung des Gesamteindrucks dar (vgl. OLG Düsseldorf DWE 1989, 176/178). Soweit die Rechtsprechung bei fehlender Zustimmung eines Wohnungseigentümers auf Entfernung einer nachträglich angebrachten Markise erkannt hat (BayObLG NJW-RR 1986, 178; OLG Frankfurt OLGZ 1...