Leitsatz

  • Beschlussfassung auf Schadens- und Kostenhaftung gegen einen eigenmächtig das Gemeinschafts- eigentum baulich ändernden Eigentümer als verbindliche ("konstitutive") Regelung

    Gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen als Anhängsel eines "Haftungsbeschlusses" auch ohne eigenen TO-Beschrieb in der Einladung zulässig

 

Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 2, 4 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG

 

Kommentar

1. Beschließen die Wohnungseigentümer, dass ein Miteigentümer wegen einer eigenmächtigen baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums (hier: Küchenverlegung mit Herstellung einer neuen Falleitung, Versetzung eines Gullys im Keller und Anbringung eines Revisionsstückes) für Schäden und Kosten zu haften und aus dem Gemeinschaftskonto dafür verauslagte Beträge zu erstatten habe, handelt es sich um eine verbindliche Regelung; ein solcher Beschluss soll in erster Linie konstitutiv eine Anspruchsgrundlage für eine etwaige gerichtliche Geltendmachung und Durchsetzung der genannten Ansprüche schaffen. Wird ein solcher Beschluss v. baulich ändernden Miteigentümer angefochten, hat das Gericht die sachliche Begründetheit der in Anspruch genommenen Rechte zu prüfen.

Aus diesem Grund musste die Sache an das Landgericht zurückverwiesen werden (Einverständnis der übrigen Eigentümer mit den vorgenommenen Baumaßnahmen?). Bei dieser Gelegenheit muss vom Landgericht auch festgestellt werden, ob die Antragstellerseite bei beiden Beschlüssen zu Recht in vollem Umfange als nicht stimmberechtigt angesehen wurde ( § 25 Abs. 5 WEG - Stimmrechtsausschluss -), also auch insoweit, als es um die Begründung von Ansprüchen gegen sie und nicht nur um deren gerichtliche Geltendmachung geht.

2. Die Bezeichnung eines Gegenstandes im Einladungsschreiben ( § 23 Abs. 2 WEG) als "Beschlussfassung über die Haftung eines Wohnungseigentümers für Kosten und Schäden einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums und über die Erstattung zu Unrecht in Anspruch genommener Gelder der Wohnungseigentümer" deckt auch eine Beschlussfassung über die Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche. An die Bezeichnung eines Beschlussgegenstandes in einem Einladungsschreiben dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; es soll nur sichergestellt werden, dass die Eigentümer vor Überraschungen geschützt sind und sie sich auf die Versammlung entsprechend vorbereiten können; i.d.R. genügt eine schlagwortartige Bezeichnung (Informationsbedürfnis, h.R.M.). Vorliegend handelte es sich bei der Beschlussfassung über die Prozessführungsermächtigung nur um ein Anhängsel zur Beschlussfassung über die in Anspruch genommenen Rechte und ein formelles Erfordernis für deren gerichtliche Durchsetzung. Ein solcher Prozessführungs-Ermächtigungsbeschluss wäre i.Ü. auf Anfechtung hin nur dann für ungültig zu erklären, wenn für solche Ansprüche keinerlei Anhaltspunkte bestünden (BayObLG, WM 1994, 571, 572). In eine weitergehende Überprüfung der Ansprüche kann bei der Anfechtung eines Beschlusses, der nur die Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung zum Gegenstand habe, nicht eingetreten werden.

Im vorliegenden Fall hat deshalb das Landgericht erneut wegen der weitergehenden Eigentümerbeschlüsse auch die Begründetheit der von den übrigen Wohnungseigentümern geltend gemachten Rechte zu prüfen, zu deren gerichtlichen Durchsetzung die Verwaltung ermächtigt wurde.

3. Im übrigen ist ein Beschluss, der über einen Gegenstand gefasst wird, der in der Einladung nicht ausreichend bezeichnet wurde, bei rechtzeitiger Anfechtung grundsätzlich nur dann für ungültig zu erklären, wenn feststeht, dass der Beschluss bei ordnungsgemäßer Einladung (und ordnungsgemäßem Beschrieb) nicht ebenso gefasst worden wäre (Kausalität, vgl. BayObLG, WE 93, 169 m.w.N.).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 30.10.1996, 2Z BR 64/96= NJWE 3/1997, 61)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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