Leitsatz
Zu ersetzender Weiteraufwand können Kosten für ein Grundstück auch dann sein, wenn es vom Zwangsverwalter an den Eigentümer (VN) vermietet worden ist und der VN wegen eines Brandes nach § 537 Abs. 1 BGB keine Miete zahlen muss.
Normenkette
§ 537 BGB, § 4 ZKBU 80
Sachverhalt
Der ursprüngliche Kl. K. war Eigentümer eines Grundstücks mit aufstehendem Hotelgebäude nebst Restaurations- und Schankbetriebs in W. Er hatte bei der Bekl. neben einer Feuerversicherung eine einfache Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen, der die ZKBU 80 zugrunde lagen. Da er bei der X.-Bank von ihm auch persönlich geschuldete Annuitäten nicht regelmäßig zahlte, wurde auf Antrag der X.-Bank über das Grundstück die Zwangsverwaltung angeordnet. Als Zwangsverwalterin wurde die jetzige Kl. bestellt. Die Kl. und M. schlossen am 15.3.1987 einen als "Mietvertrag über Geschäftsräume" bezeichneten Formularvertrag, wonach M. die Gebäulichkeiten gegen Zahlung eines jährlichen Mietzinses von 114.000 DM brutto überlassen wurden. Der Betrag war in einzelnen Raten zu begleichen, wobei der Mietzins an den unter Berücksichtigung der Rückstände inzwischen aufgelaufenen Zahlungsansprüchen der X.-Bank orientiert war.
In der Nacht vom 2. auf den 3.8.1987 brannte das Gebäude infolge Brandstiftung aus. Wegen der Höhe des BU-Schadens einigten sich die Parteien auf das bedingungsgemäße Sachverständigenverfahren. Die Gutachter erstatteten ein gemeinschaftliches Gutachten, das unter Berücksichtigung einer Unterversicherung zu einem zu erstattenden Schaden von 90.920 DM bzw. 49.109 DM kommt. Bei der Differenz handelte es sich um die für den Haftzeitraum anfallende - unter Berücksichtigung der Unterversicherung - anteilige Miete lt. Mietvertrag. Die Bekl. zahlte 49.109 DM. Den Rest nebst Zinsen machte die Kl., die auf Anraten des LG auf entsprechende Rüge der Bekl. hin anstelle des ursprünglichen Kl. K. in den Prozess als neue Kl. eintrat, nunmehr geltend.
In der Sache wandte die Bekl. ein, bei den Mietkosten handele es sich um Weiteraufwand, der rechtlich wegen § 537 Abs. 1 BGB nicht notwendig sei und deshalb nach § 4 Abs. 3 ZKBU 80 nicht zu ersetzen sei. Dort heißt es: "Zu ersetzen sind der Betriebsgewinn und die Kosten, die der VN infolge der BU während der Haftzeit nicht erwirtschaften konnte. Kosten werden nur ersetzt, soweit ihr Aufwand rechtlich notwendig oder wirtschaftlich begründet ist und soweit sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären."
Das LG hat der Kl. stattgegeben. Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das OLG entschied, dass sich die Bekl. zu Unrecht darauf berufe, dass es sich insoweit um Weiteraufwand gehandelt habe, der rechtlich nicht notwendig oder wirtschaftlich nicht begründet und deshalb von ihr auch nicht zu ersetzen sei. Schon der rechtliche Ansatz der Bekl., dass M. nach § 537 Abs. 1 BGB von der Verpflichtung zur Mietzinszahlung entbunden gewesen sei, sei sehr zweifelhaft. Zwar dürfte es sich nach Meinung des OLG trotz der Tatsache, dass der vereinbarte Zins nicht an erzielbaren Mietzinsen in W., sondern an den Forderungen der X.-Bank ausgerichtet worden sei, nicht um einen Scheinvertrag i. S. von § 117 BGB handeln. Denn das Vereinbarte sei von beiden Vertragsparteien gewollt gewesen. Es spreche aber vieles dafür, dass - und zwar aus denselben Gründen - § 537 Abs. 1 BGB als stillschweigend abbedungen anzusehen sei. Denn die Verpflichtung des VN gegenüber der X.-Bank sei durch etwaige Rechte des VN gegenüber der Zwangsverwalterin zur Einstellung der Mietzinszahlung nach § 537 BGB nicht berührt worden. Der Zweck des Vertrags lege deshalb eine Auslegung dahin nahe (§ 133 BGB, § 157 BGB), dass aus Gründen des § 537 BGB die vereinbarten Zahlungen nicht gekürzt oder eingestellt werden dürften.
Einer abschließenden Entscheidung bedürfe es insoweit aber nicht. Denn die Bekl. sei zum Ausgleich auch dann verpflichtet, wenn man auf den Vertrag des VN mit der Zwangsverwalterin § 537 BGB für anwendbar hielte. Dann - so führt das OLG weiter aus - entfiele zwar die Verpflichtung zur Mietzahlung gegenüber der Zwangsverwalterin. Die Verpflichtung des VN gegenüber der X.-Bank als Gläubigerin, der er nicht nur mit seinem Grundstück haftete, sondern auch persönlich schuldete, blieben dadurch unberührt. Der Umstand, dass er an die Zwangsverwalterin als "Durchlaufsstation" für die die Zwangsverwaltung betreibende Gläubigerin keine Miete zu zahlen hatte, ändere nichts daran, dass der VN aufgrund des Darlehensvertrags die Annuitäten zahlen musste. Es habe sich deshalb dabei um Kosten gehandelt, die beim VN in der Haftzeit anfallen und die durch die BU nicht einsparbar gewesen seien und die deshalb auch nach dem Sinn und Zweck der BU-Versicherung ersetzt werden müssten. Dabei sei auch nicht zwischen dem VN als Eigentümer des Grundstücks und als Hotelier zu unterscheiden.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 05.03.1993, 20 U 306/92