Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, ob eine Hausverwaltung den Namen eines "Hinweisgebers" herausgeben muss. Es handelt sich um einen Fall in einem Mietshaus. Dort ist es vorstellbar, die Verwaltung unmittelbar auf Auskunft in Anspruch zu nehmen. In einer Wohnungseigentumsanlage müsste sich die Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richten, da der Verwalter stets als ihr Organ handelt. Würde ein Wohnungseigentümer dennoch gegen den Verwalter klagen, müsste dessen Klage also abgewiesen werden.
Datenschutz
Die Hausverwaltung war der Ansicht, aus Gründen des Datenschutzes die Auskunft über den Namen des "Hinweisgebers" nicht erteilen zu müssen. Dieser Argumentation zeigt der BGH die rote Karte – teilweise! Er hält die Preisgabe des Namens des Hinweisgebers nach der DSGVO möglicherweise für rechtmäßig. Dies gilt nicht nur in einem Mietshaus, sondern auch in der Wohnungseigentumsanlage. Eine Verwaltung wäre meines Erachtens auch nicht berechtigt, den Anfragenden auf eine Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen zu verweisen. Wie an dieser Stelle in Bezug auf andere Entscheidungen bereits dargelegt, haben bestimmte Personen ein Recht auf Auskunft und nicht nur auf Einsichtnahme. Bereits damals habe ich auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO hingewiesen (dazu im Einzelnen Dörr, MDR 2022, S. 605 ff.). Eben diese Norm nutzt der BGH für das Auskunftsrecht des vermeintlich zu Unrecht angeschwärzten Mieters.
Abwägung
Für die Frage, ob die Auskunft zu erteilen ist, sind allerdings die Interessen des Auskunftsberechtigten (im Fall ist das K) und die des anonymen Hinweisgebers abzuwägen. Für die Abwägung kann die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der von dem Hinweisgeber mitgeteilten personenbezogenen Daten eine maßgebliche, wenn auch nicht die allein entscheidende Rolle spielen.
In die Abwägung sind zugunsten des Auskunftsberechtigten Bedeutung, Gewicht und Zweck des Rechts auf Auskunft über die Herkunft der Daten einzubeziehen. Zugunsten des Hinweisgebers ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass auch dessen Rechte verbürgt sind. Allein der Einwand des auf Auskunft in Anspruch genommenen Verantwortlichen, dem Hinweisgeber – im Ergebnis ohne Rücksicht auf das Auskunftsrecht des Betroffenen – Vertraulichkeit zugesichert zu haben, führt noch nicht zum Recht, dem Auskunftsersuchenden die Information zu verweigern, ebenso wenig ein pauschaler Verweis auf das Schutzbedürfnis des Hinweisgebers und darauf, dass der Verantwortliche auf dessen Hinweise angewiesen sei.
Das Interesse an der Geheimhaltung des Hinweisgebers hat gegenüber dem Auskunftsinteresse regelmäßig zurückzutreten, wenn der Hinweisgeber wider besseres Wissen oder leichtfertig unrichtige Angaben zu personenbezogenen Daten der betroffenen Person gemacht hat. Ob es so ist, muss das OLG noch prüfen. Ob es abgesehen von diesen Fällen auf die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit der vom Hinweisgeber mitgeteilten Daten ankommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hat z. B. eine öffentliche Stelle Informationen von einem Hinweisgeber bezogen und würde die Auskunftserteilung über den Hinweisgeber die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben, wie beispielsweise die Kriminalitätsbekämpfung, gefährden, erlaubt es die DSGVO, die Auskunft zu verweigern. Im Hinblick darauf, dass Behörden auf den Einsatz unerkannt bleibender Hinweisgeber angewiesen sein können, kann die Abwägung im Einzelfall dazu führen, dass die Auskunft über den Hinweisgeber selbst bei objektiver Unrichtigkeit der Angaben verweigert wird. Demgegenüber kann es bei der Mitteilung personenbezogener Daten, die wegen ihres ansehensbeeinträchtigenden Charakters das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen können, auf die objektive Richtigkeit der Daten durchaus ankommen.
Die Verwaltung muss versuchen, die Richtigkeit der Hinweise zu ermitteln (s. a. Gündel, ZWE 2022, S. 250, 251). Ferner ist sie verpflichtet, den Hinweisgeber über die Datenverarbeitung und damit die mögliche Offenlegung seiner Identität zu informieren. Denn gegen die Offenlegung hat der Hinweisgeber nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO ein Widerspruchsrecht.
Umfang der Auskunft
Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO ist nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der Personenbezug eine signifikante biografische Information voraussetzt, die im Vordergrund des fraglichen Dokumentes steht. Interne Vermerke können daher nicht kategorisch vom Anwendungsbereich des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs ausgenommen werden. Dass es sich insoweit um interne Vorgänge handelt, ist belanglos. Auch die Kommunikation der betroffenen Person mit dem Verantwortlichen ist nicht kategorisch vom Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 DSGVO ausgenommen. Dass der betroffenen Person die Schreiben bekannt sind, schließt den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nicht aus. Näheres findet man dazu jüngst bei BGH, Urteil v. 15.6.2021, VI ZR 576/19.