Leitsatz

Die Kündigungssperre des § 112 InsO hindert nicht das Erlöschen einer Dienstbarkeit, welche das aus einem Mietvertrag folgende Nutzungsrecht an dem belasteten Grundstück sichert und unter der auflösenden Bedingung steht, dass über das Vermögen des Berechtigten ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, wenn diese Bedingung vor dem Sicherungsfall eintritt.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

InsO § 112; BGB §§ 158 Abs. 2, 1090

 

Kommentar

Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über ein Gebäude, das vom Mieter zum Betrieb eines Waren- und Parkhauses genutzt wird. Zur Sicherung dieses Nutzungsrechts war im Grundbuch eine Mieterdienstbarkeit eingetragen. Hierzu ist in dem Mietvertrag vereinbart, dass die Dienstbarkeit u.a. erlischt, wenn über das Vermögen des Mieters das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Nachdem einer der Gläubiger des Mieters gegen diesen einen Insolvenzantrag gestellt hatte, wurden vom Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen gem. § 21 InsO angeordnet. Das Grundbuchamt hat die Dienstbarkeit auf Antrag eines Gläubigers gelöscht. Hiergegen hat der Insolvenzverwalter Widerspruch eingelegt.

Der BGH hatte u.a. zu entscheiden, ob die Löschung der Dienstbarkeit durch § 112 InsO ausgeschlossen wird. Dies ist nicht der Fall.

1 Mieterdienstbarkeit besteht

Die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses können vereinbaren, dass die Nutzung des Grundstücks (als Lager, Verkaufsraum, Betriebsstätte etc.) durch den Mieter dinglich abgesichert wird. Zu diesem Zweck kann im Mietvertrag oder in einer besonderen Sicherungsabrede geregelt werden, dass sich der Vermieter verpflichtet, zugunsten des Mieters eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 10901093 BGB) eintragen zu lassen.

Durch die Dienstbarkeit wird das Grundstück dergestalt belastet, dass der Gebrauch des Grundstücks nur dem Mieter zusteht. Die Grunddienstbarkeit wirkt gegen jedermann. Die Mieterdienstbarkeit schützt den Mieter vor dem Verlust der Mietsache, wenn das Eigentum im Wege der Zwangsversteigerung auf einen Dritten übergeht. Zwar besteht ein Sonderkündigungsrecht (§ 57a ZVG) mit der Folge, dass das Mietverhältnis endet, wenn der Erwerber von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht. Das Nutzungsrecht aufgrund der Dienstbarkeit besteht gleichwohl weiter.

Der Mieter schuldet für die Ausübung der Dienstbarkeit ein Ausübungsentgelt. Diese Rechtsfolge gilt allerdings nur, wenn die Dienstbarkeit vor den Rechten der beitreibenden Gläubiger eingetragen ist. Eine nachrangig eingetragene Dienstbarkeit erlischt (§ 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG).

2 Mieterdienstbarkeit endet

In dem Mietvertrag kann geregelt werden, dass die Dienstbarkeit erlischt, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt (Dienstbarkeit unter auflösender Bedingung, § 158 Abs. 2 BGB).

Fraglich kann sein, ob die Insolvenz des Mieters als auflösende Bedingung für den Bestand der Dienstbarkeit vereinbart werden kann. Das Problem folgt aus § 112 InsO. Nach dieser Regelung ist die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter bei Insolvenz des Mieters in bestimmten Fällen ausgeschlossen; vertragliche Lösungsklauseln sind nach h.M. unwirksam (Eckert, in MünchKomm, § 112 InsO Rdn. 16).

Auf die Dienstbarkeit ist diese Vorschrift allerdings nicht anwendbar. Zum einen erfasst § 112 InsO nach seinem Wortlaut nur das (schuldrechtliche) Miet- oder Pachtverhältnis und nicht die dingliche Sicherung des daraus folgenden Nutzungsrechts. Zum anderen ist eine entsprechende Anwendung des § 112 InsO auf das dingliche Recht auch entbehrlich, weil die schuldrechtliche Befugnis zur Nutzung der Mietsache durch den Wegfall der Dienstbarkeit nicht beeinträchtigt wird.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss v. 7.4.2011, V ZB 11/10, NJW-RR 2011 S. 882

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