Leitsatz
Hat sich der Vermieter im Mietvertrag eine einseitige Neufestsetzung der Miete vorbehalten und hat er in seinen an die Mieter gerichteten Mieterhöhungsschreiben erkennbar auf der Grundlage dieser – nach § 557 Abs. 4 BGB – unwirksamen vertraglichen Regelung sein einseitiges Bestimmungsrecht ausüben wollen, liegt darin, vom Empfängerhorizont der Mieter ausgehend, kein Angebot zum Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung. Schon deshalb kann in der Zahlung der erhöhten Miete seitens der Mieter eine stillschweigende Zustimmung zu der Mieterhöhung nicht gesehen werden (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 29. Juni 2005 – VIII ZR 182/04) – (amtlicher Leitsatz des BGH).
Normenkette
BGB § 558
Kommentar
In dem Mietvertrag war unter anderem Folgendes vereinbart:
Die Vermieter behalten sich vor, die Miete alle 2 Jahre zu prüfen u. evtl. neu festzulegen.
In der Folgezeit hat der Vermieter in regelmäßigen Abständen die Miete erhöht. Die Erhöhungsschreiben hatten im Wesentlichen folgenden Wortlaut:
Ihre letzte Mieterhöhung war zum 1.1.19**. Nach dem Mietspiegel vom *** werde ich die Mieten neu festlegen …
Ihr letzter Mietaufschlag war zum 1.10.19**. Der neuen Mieterhöhung liegt der Mietspiegel *** zugrunde … Ich bitte Sie, Ihren bestehenden Bankauftrag zum 1.1.**** entsprechend zu ändern.
Die Mieter haben die erhöhte Miete gezahlt. Im Jahr 2003 haben die Mieter Klage auf Rückzahlung der in den Jahren 1999 bis 2003 geleisteten Erhöhungsbeträge erhoben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass keine Erhöhungsvereinbarung zustande gekommen sei; der Vermieter habe den Mieter nicht zur Zustimmung zur Mieterhöhung, sondern zur Änderung des Überweisungsauftrags aufgefordert.
Diese Auffassung wird vom BGH gebilligt. Die Vereinbarung über das Recht des Vermieters zur einseitigen "Mietanpassung" sei unwirksam. Nach der zwingenden gesetzlichen Regelung kann die Miete nur aufgrund einer Vereinbarung mit dem Mieter erhöht werden. Der Vermieter muss vom Mieter deshalb Zustimmung zur Mieterhöhung verlangen. Die einseitige "Neufestsetzung der Miete" stelle kein "Angebot auf Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung" dar. Zahlt der Mieter auf eine solche Erklärung oder ändert er den Überweisungsauftrag, so kommt dadurch keine Änderungsvereinbarung zustande.
Hinweis
Unser Rat für Sie: Das hier wiedergegebene Urteil vom 20.7.2005 muss im Zusammenhang mit dem Urteil des BGH vom 29.6.2005 bewertet werden. Die jeweils entschiedenen Sachverhalte weisen auf den ersten Blick keine wesentlichen Unterschiede auf. Im Urteil vom 29.6.2005 lautete die an den Mieter gerichtete Aufforderung:
Um Dauerauftragsänderung bei Ihrem Bankinstitut wird hiermit gebeten.
In dem durch Urteil vom 20.7.2005 entschiedenen Fall hatte der Vermieter formuliert:
Ich bitte Sie, Ihren bestehenden Bankauftrag zum 1.1.**** entsprechend zu ändern.
Eine Aufforderung zur Zustimmung wurde in beiden Fällen nicht erklärt. Gleichwohl hat der BGH beide Fälle unterschiedlich behandelt. In dem Urteil vom 29.6.2005 hat der BGH ausgeführt, der Mieter müsse die Erklärung des Vermieters als Angebot zum Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung verstehen. Die dem Urteil vom 20.7.2005 zugrunde liegende Erhöhungserklärung hat der BGH dagegen als einseitige "Neufestsetzung der Miete" bewertet.
Die beiden Fälle zeigen, dass es für die jeweilige Entscheidung auf subtile Einzelheiten ankommt. Die hieraus folgenden Risiken sollten vermieden werden. Der Vermieter sollte mit dem Mieter eine schriftliche Erhöhungsvereinbarung mit eindeutigem Erklärungswert abschließen. Hierauf hat der Mieter einen Anspruch.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 199/04, GE 2005, 1183