Leitsatz
Der Mieter eines Messestands, der sich grundlos weigert, den Mietvertrag zu erfüllen, verstößt gegen Treu und Glauben, wenn er sich gegenüber dem Mietzinsanspruch des Vermieters, der den Messestand wegen dieser vertragswidrigen Weigerung des Mieters weitervermietet hat, auf § 537 Abs. 2 BGB beruft (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 122, 163).
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 537 Abs. 2
Kommentar
Zwischen dem Veranstalter einer Fachmesse als Vermieter und einem Aussteller als Mieter bestand ein Mietvertrag über eine ca. 150 qm große Ausstellungsfläche zum Preis von ca. 73.000 EUR. Der Mieter hat dem Vermieter vor Messebeginn mitgeteilt, dass er an der Teilnahme verhindert sei. Der Vermieter hat den Platz daraufhin kostenlos einem Dritten überlassen und den Mieter auf Zahlung der Miete in Anspruch genommen. Es war zu entscheiden, ob auf einen solchen Fall die Regelung des § 537 Abs. 2 BGB anwendbar ist.
Nach dieser Vorschrift ist der Mieter nicht zur Entrichtung der Miete verpflichtet, wenn der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren. Hierzu hat der BGH bereits mit Urteil vom 31.3.1993 (XII ZR 198/91, BGHZ 122, 163) entschieden, dass die Berufung des Mieters auf die genannte Vorschrift rechtsmissbräuchlich ist, wenn er den Mietvertrag grundlos nicht erfüllt und der Vermieter die Sache anderweitig zu einer geringeren Miete vermietet. In diesem Fall schuldet der Mieter die Differenz zwischen der vereinbarten Miete und dem vom Nachfolgemieter gezahlten Preis.
Hiervon gelten im Wesentlichen drei Ausnahmen: Kein Rechtsmissbrauch liegt vor,
1. wenn der Mieter aufgrund der unklaren Sach- und Rechtslage begründete Zweifel am Fortbestand des Mietvertrags haben durfte: "Je weniger Anlass der Mieter zu der Annahme hatte, das Mietverhältnis sei beendet, umso eher handelt er rechtsmissbräuchlich, wenn er sich wegen der Weitervermietung auf mangelnde Erfüllungsbereitschaft des Vermieters beruft."
2. wenn der Vermieter im Vertrauen darauf, dass der Mieter die Mietdifferenz zahlen müsse, die Mietsache ohne hinreichenden Grund unter dem erzielbaren Marktpreis weitervermietet hat.
3. Bestehen aus der Sicht des Vermieters Zweifel, ob der Mieter endgültig ausgezogen ist oder ob der Mieter mit nachvollziehbaren Gründen annehmen konnte, das Mietverhältnis sei beendet, darf der Vermieter nicht ohne Weiteres weitervermieten. In diesem Fall soll einer Mitteilung des Vermieters an den Mieter, er werde versuchen, die Mietsache im beiderseitigen Interesse weiterzuvermieten, um dann nur noch eine eventuelle Mietzinsdifferenz geltend zu machen, entscheidende Bedeutung zukommen. Schweigt der Mieter auf eine solche Erklärung, wird er sich später nicht darauf berufen können, dass er das Mietobjekt nur vorübergehend nicht genutzt habe.
Die im Urteil vom 31.3.1993 dargelegten Grundsätze gelten auch dann, wenn der Mieter die Mietsache grundlos nicht bezogen hat (BGH, Urteil v. 22.12.1999, XII ZR 339/97, NJW 2000, 1105, 1106).
In dem nunmehr entschiedenen Fall stellt der BGH klar, dass die Berufung auf § 537 Abs. 2 BGB auch dann rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Vermieter die Mietsache unentgeltlich einem Dritten überlässt, um auf diese Weise einen ansonsten drohenden Leerstand zu verhindern. Allerdings gilt dies nur dann, wenn sich der Vermieter zuvor um die bestmögliche anderweitige Verwertung bemüht hat. Da dieser Punkt nicht aufgeklärt war, hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 19.12.2007, XII ZR 13/06