Leitsatz
Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt, und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, ist dies nur zu berücksichtigen, wenn der Grund vor Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist. In diesem Fall ist der Vermieter zu einer entsprechenden Mitteilung an den Mieter verpflichtet.
Sachverhalt
Mit dem vorliegenden Urteil klärte der BGH eine lang ausstehende und bisher ungeklärte Rechtsfrage. Erklärt ein Vermieter wirksam die Kündigung wegen Eigenbedarfs gegenüber seinem Mieter, dann war strittig, bis zu welchem Zeitpunkt des Wegfalls des Eigenbedarfs er die Verpflichtung hat, den Mieter über diesen Wegfall zu unterrichten.
Von den bisher vertretenen Ansichten – Zeitpunkt eines rechtskräftigen Räumungsurteils, Auszug des Mieters oder der Ablauf der Kündigungsfrist – schloss sich der BGH der letztgenannten an: Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, ist dies nur zu berücksichtigen, wenn der Grund vor Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist.
Nach Ansicht des BGH ist allein dieser Zeitpunkt rechtssystematisch zutreffend und führt auch zu einer ausgeglichenen Abwägung von Mieter- und Vermieterinteressen:
- Einseitige Gestaltungserklärungen wie eine Kündigung haben das Ziel, Rechtsfolgen zu einem bestimmten Zeitpunkt herbeizuführen. Nur solange diese noch nicht eingetreten sind, besteht Notwendigkeit, ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen – etwas den Wegfall des Eigenbedarfs. Nachvertragliche Treuepflichten, die einen Vorrang des Bestandsinteresses des Mieters gegenüber dem Rückgabeanspruch des Vermieters gebieten würden, sind nicht anzuerkennen.
- Würde man die den Wegfall des Eigenbedarf auch nach dem Ende der Kündigungsfrist berücksichtigen, wären auch die berechtigen Vermieterinteressen unverhältnismäßig beeinträchtigt: Der Mieter könnte dann die Räumung der Wohnung verzögern und der Vermieter müsste stets einen Räumungsprozess führen, auch wenn die Rechtsverteidigung des Mieters keinerlei Aussicht auf Erfolg hat. Damit könnte der Mieter quasi durch Zeitverzögerung den Wegfall des Eigenbedarfs erreichen- damit wären dem Vermieter Rechtssicherheit und die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes genommen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 9.11.2005, VIII ZR 339/04.