Leitsatz
Erhöht der Arbeitgeber unternehmensweit die Vergütung, kann er einzelne Betriebe davon nur ausnehmen, wenn er sachliche Gründe für deren Schlechterstellung hat.
Sachverhalt
Die Arbeitgeberin betreibt ein Logistik- und Paketdienstleistungsunternehmen mit zahlreichen Niederlassungen und bundesweit über 15000 Arbeitnehmern. Zum 1.9.2005 nahm sie eine Lohnerhöhung von 2,1 % vor. In 6 Betrieben wandte sie einen anderen Erhöhungssatz an. Das Werk in G nahm sie von der Erhöhung vollständig aus. Ein im Betrieb G als Zusteller tätiger Arbeitnehmer sah hierin einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Er klagte die Lohnerhöhung ein.
Die Arbeitgeberin vertrat den Standpunkt, im Betrieb in G habe sie alle Arbeitnehmer gleichbehandelt. Zu mehr Gleichbehandlung sei sie nicht verpflichtet. Im Übrigen sei die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Betrieben sachlich gerechtfertigt, weil das Vergütungsniveau im Werk in G bereits überdurchschnittlich hoch sei und die Kosten je befördertem Paket dort am höchsten lägen.
Das BAG verwies den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung in die 2. Instanz zurück. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung von Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Im Bereich der Vergütung greift das Gebot der Gleichbehandlung ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund einer generellen Regelung gewährt, insbesondere wenn er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt.
Ist die Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt, sondern bezieht sie sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens, ist auch die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer betriebsübergreifend zu gewährleisten. Eine unterschiedliche Behandlung der einzelnen Betriebe setzt voraus, dass es hierfür sachliche Gründe gibt. Hat der Arbeitgeber ein unternehmensweites Vergütungssystem geschaffen, nach dem er bestimmte Leistungen erbringt, muss er einen sachlichen Grund haben und beweisen können, wenn er einzelne Arbeitnehmer, bestimmte Arbeitnehmergruppen, oder ganze Betriebe aus dem Kreis der Begünstigten ausnehmen will.
Als sachliche Gründe für unterschiedliche Behandlung bei Lohnerhöhungen kommen z.B. in Betracht: Ein unterschiedliches Ausgangsniveau der Löhne, ein unterschiedlicher betriebswirtschaftlicher Erfolg der Betriebe und eine höhere Leistungsanforderung in einzelnen Betrieben. Im Prozess muss der Arbeitgeber einen unternehmensweiten Vergleich aller Betriebe offen legen und die bestehenden Unterschiede aufzeigen. Auf mitbestimmungswidrige Überstundenregelungen kann er sich dabei nicht stützen.
Link zur Entscheidung
BAG, Urteil v. 3.12.2008, 5 AZR 74/08.