Kurzbeschreibung

Muster aus: zerb.1123 Anwaltformulare Nachlassgerichtliches Verfahren, Kroiß, 2. Aufl. 2022 (zerb verlag)

Muster 9.23: Einbehalten einer zu hohen Vergütung

An das

Amtsgericht

– Nachlassgericht –

_________________________

Nachlassverfahren _________________________

Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers

Der am _________________________ verstorbene Erblasser hatte mit notariellem Testament vom _________________________ die Beteiligten zu 2) und 3) zu Vorerben eingesetzt und die Beteiligte zu 1) zur Testamentsvollstreckerin u.a. mit der Aufgabe, seinen umfangreichen Grundbesitz in _________________________ zu verwalten, ernannt. Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen die Entlassung der Beteiligten zu 1) als Testamentsvollstreckerin, da diese bei Fehlen der persönlichen und sachlichen Kompetenz planlos handelt. Sie hat versucht, ein überhöhtes Honorar abzurechnen und einzuziehen, und auch sonst ihre Pflichten bei der Verwaltung verletzt.

Die Beteiligte zu 1) erteilte unter dem _________________________ eine "Liquidation für die Testamentsvollstreckung" und stellte ein "Voraus" in Höhe von 100.000 EUR in Rechnung. In der Folge versuchte die Beteiligte zu 1), durch Überweisungen von Nachlasskonten einen entsprechenden Betrag einzuziehen. Am _________________________ wurde ihr durch eine einstweilige Verfügung des Landgerichts _________________________ untersagt, sich für ihre Tätigkeit als Testamentsvollstreckerin vor Ablauf des _________________________ eine Vergütung oder einen Vergütungsvorschuss aus dem Nachlass zu entnehmen.

Nach § 2227 BGB kann der Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten aus dem Amt entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Gesetz gibt als Beispiele eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung an. Neben den im Gesetz genannten Beispielsfällen kann ein wichtiger Grund ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Testamentsvollstreckers auch dann vorliegen, wenn dieser durch sein persönliches Verhalten begründeten Anlass zu der Annahme gibt, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausübung des letzten Willens des Erblassers hinderlich sei oder dass sich dadurch eine Schädigung oder eine erhebliche Gefährdung der Interessen der am Nachlass Beteiligten ergeben könnte. Auch ein nicht nur auf subjektiven Gefühlsmomenten, sondern auf Tatsachen beruhendes Misstrauen eines Beteiligten, zu dem der Testamentsvollstrecker Anlass gegeben hat, kann zur Entlassung des Testamentsvollstreckers führen. Schließlich kann auch ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamentsvollstrecker einerseits und Erben andererseits ein wichtiger Grund zur Entlassung sein (BayObLGZ 1985, 298, 302; BayObLGZ 2001, 167, 170).

Andererseits setzt das Amt des Testamentsvollstreckers kein Vertrauensverhältnis zu den Erben voraus. Der Testamentsvollstrecker muss unabhängig von diesen den Willen des Erblassers ausführen, wenngleich er sich im Rahmen des ihm zustehenden Verwaltungsermessens nicht grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben hinwegsetzen darf. Daher ist an eine Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen berechtigten Misstrauens ein strenger Maßstab anzulegen; die Beteiligten dürfen nicht in die Lage versetzt werden, einen ihnen möglicherweise lästigen Testamentsvollstrecker durch eigenes feindseliges Verhalten oder aus für sich genommen unbedeutendem Anlass aus dem Amt zu drängen (BayObLGZ 1997, 1, 26; MüKo-BGB/Zimmermann, § 2227 Rn 11; Grüneberg/Weidlich, § 2227 BGB Rn 5).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien sind die Voraussetzungen für die Entlassung der Beteiligten zu 1) aus dem Amt des Testamentsvollstreckers gegeben. Bereits der Versuch der Beteiligten zu 1), sich nach ca. vier Monaten der Verwaltertätigkeit einen Vorschuss auf ihr Honorar von über 100.000 EUR zu überweisen, rechtfertigt im vorliegenden Fall die Entlassung.

Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist die Vergütung erst nach Beendigung des Amtes in einem Betrag zur Zahlung fällig, wenn der Testamentsvollstrecker alle seine Pflichten, insbesondere seine Pflicht zur Rechnungslegung (§§ 2218, 666 BGB) erfüllt hat (vgl. BGH WM 1964, 950, 952; BayObLG Rpfleger 1973, 94). Bei länger währenden Verwaltungen ist sie aber in regelmäßigen Zeitabschnitten zu entrichten, und zwar hier nachträglich nach Ablauf des Verwaltungsjahres, entsprechend der Rechnungslegungspflicht (BayObLGZ 1972, 379; Tiling, ZEV 1998, 331, 333). Die Beteiligte zu 1) hatte mithin keinen Anspruch auf Vergütung; Vorschuss auf die noch nicht fällige Vergütung kann der Testamentsvollstrecker nicht verlangen (MüKo-BGB/Zimmermann, § 2221 Rn 23).

Die Inanspruchnahme einer Vergütung zur Unzeit und in unangemessener Höhe rechtfertigt hier die Entlassung der Beteiligten zu 1) (vgl. OLG Köln NJW-RR 1987, 1097, 1098).

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die versuchte Entnahme zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem erhebliche Erbschaftsteuerzahlungen durch die Beteiligten zu 2) und 3) ausstanden ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge