1 Leitsatz

Da die Kontostände und der Stand der Erhaltungsrücklage Bestandteil des Vermögensberichtes sind, begründen falsche Angaben zu den Kontoständen und zum Stand der Erhaltungsrücklage keine Anfechtung des Beschlusses über die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse. Dies gilt auch, wenn der Vermögensbericht lediglich in der Versammlung zur Einsicht vorgelegt wird. Auch dieser Verstoß gegen § 28 Abs. 4 Satz 2 WEG hat mit dem Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG nichts zu tun.

2 Normenkette

§ 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 WEG; § 9b HeizkostenV

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer beschließen am 29.11.2021 nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG die Nachschüsse. Vor der Beschlussfassung übersendet die Verwaltung den Wohnungseigentümern allerdings keinen Vermögensbericht für das Wirtschaftsjahr 2020, sondern legt diesen nur in der Versammlung vor. Wohnungseigentümer K geht gegen den Beschluss vor.

Er bemängelt, in der Jahresabrechnung sei sowohl bei der Erhaltungsrücklage als auch beim Girokonto der Anfangskontostand falsch angegeben. Er meint, der Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG sei bereits aus diesem Grund anfechtbar, da es wegen der falschen Kontostände und des fehlenden Vermögensberichtes nicht möglich sei, die Jahresabrechnung auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Darüber hinaus sei die Jahresabrechnung falsch, da die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen nicht über die Erhaltungsrücklage, sondern über das laufende Konto finanziert worden seien. Ferner sei die Heizkostenabrechnung für das Wohnungseigentum Nr. 6 mangelhaft, da eine Abrechnung für das gesamte Jahr erstellt worden sei und keine Zwischenabrechnung, obwohl die Wohnung 10 Monate leer gestanden habe.

4 Die Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg! Zwar sei es nicht ausreichend, den Vermögensbericht in der Versammlung nur zur Einsicht vorzulegen. Gem. § 28 Abs. 4 Satz 2 WEG sei der Vermögensbericht jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise eine Übersendung per Post oder per E-Mail, aber auch die Einstellung auf einer zugangsbeschränkten Internetseite seien daher zulässig. Eine bloße Gelegenheit zur Einsichtnahme stelle hingegen auch bei großzügiger Auslegung keine Zur-Verfügung-Stellung dar. Für den Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 sei dieser Fehler aber unbeachtlich. Auch die Frage, ob bei der Erhaltungsrücklage und beim Girokonto der Anfangskontostand falsch angegeben wurden, sei unbeachtlich. Die Kontostände aller Bankkonten und der Stand der Erhaltungsrücklage seien im Vermögensbericht darzustellen. Falsche Angaben müssten durch eine Klage auf Berichtigung bzw. Ergänzung des Vermögensberichtes geltend gemacht werden.

Auch die übrigen behaupteten Mängel der Jahresabrechnung 2020 seien nicht geeignet, einen Mangel des Beschlusses gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu begründen. Wenn K rüge, Kosten für Erhaltungsmaßnahmen seien nicht über die Erhaltungsrücklage, sondern über das laufende Konto finanziert worden, weise die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu Recht darauf hin, dass für eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage ein Beschluss erforderlich sei, den es aber nicht gegeben habe. Und auch die Tatsache, dass K keine Zwischenabrechnung i. S. v. § 9b Abs. 1 HeizkostenV erhalten habe, sei unbeachtlich. Hätte K 2 Teilabrechnungen erhalten, so wäre die Summe dieser beiden genauso hoch, wie die Abrechnung der Heizkosten für das gesamte Jahr 2020. Da sich der Fehler auf die Höhe der Nachschüsse also nicht ausgewirkt habe, sei daher auch die Nicht-Erstellung der Zwischenabrechnung unbeachtlich.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall handelt es sich um eine Anfechtungsklage gegen einen Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG. Diese Klage hat jedenfalls Erfolg, wenn der Nachschuss, der auf die klagende Partei entfällt, der Höhe nach falsch ist. Dies ist der Fall, wenn die Verwaltung bei der Berechnung des Nachschusses in der Jahresabrechnung, aus der sich der Nachschuss ergeben muss, ganz oder teilweise unzutreffende Umlageschlüssel eingesetzt oder auf die klagende Partei Einnahmen oder Ausgaben umgelegt hat, die diese nicht oder in einer anderen Höhe zu tragen hat.

Solche Mängel macht der klagende Wohnungseigentümer im Fall nicht geltend. Er behauptet vielmehr Mängel der Jahresabrechnung und des Vermögensberichtes sowie Verstöße gegen die HeizkostenV.

Mängel der Jahresabrechnung

Die Verwaltung hat nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG jeweils eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die "darüber hinaus" die Einnahmen und Ausgaben enthält. Macht die Verwaltung hier Fehler, ist die Jahresabrechnung z. B. intransparent oder fehlen Einnahmen und Ausgaben, ist das unerheblich, wenn sich der Fehler nicht auf die Höhe der Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse auswirkt.

Allerdings muss den Wohnungseigentümern zum Verständnis des § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG die Jahresabrechnung vorgelegt werden (AG Köln, Urteil v. 19.7.2021, 215 C 6/21, ZMR 2022 S. 77). Wird auf Basis unzureichender Tatsachengrundlagen eine Zahlungspflicht beschlossen, widerspricht dies den Grundsätzen o...

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