Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 Abs. 1 WEG, § 876 BGB, § 877 BGB
Kommentar
1. Eine Bestimmung in der Teilungserklärung, dass die Miteigentumsanteile "unter Zugrundelegung der derzeitigen Wertverhältnisse des jeweiligen Sondereigentums" festgelegt werden, kann dahin auszulegen sein, dass bei einer wesentlichen Änderung dieser Wertverhältnisse auch eine Änderung der Größe der Miteigentumsanteile gefordert werden kann. Zu einer solchen Änderung ist die Zustimmung dinglich Berechtigter nicht erforderlich.
Führt eine nicht sachgerechte Festlegung der Miteigentumsanteile zu unbilligen Ergebnissen bei der Kostenverteilung und sieht die Teilungserklärung keine Änderungsmöglichkeit vor, so hat der einzelne Wohnungs- oder Teileigentümer entsprechend den Grundsätzen des § 242 BGB dann einen Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile, wenn wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an bisheriger Regelung grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße (h.M., BGHZ 95, 137/141 und BayObLG, NJW-RR 95, 529).
Da der Gesetzgeber allerdings nicht verlangt, dass die Miteigentumsanteile nach dem Wert und der Größe des Wohnungs- oder Teileigentums festgelegt werden und durch eine Änderung der Miteigentumsanteile in den Kernbereich der Wohnungs- und Teileigentumsrechte eingegriffen wird, ist eine Änderung der Miteigentumsanteile dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn sich die unmittelbare Änderung des Kostenverteilungsschlüssels anbietet (BayObLGZ 91, 396/399). Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Änderung der Miteigentumsanteile oder nur des Kostenverteilungsschlüssels vorliegen, ist nach der Rechtsprechung jeweils ein strenger Maßstab anzulegen, weil die Regelung über die Kostenverteilung in der Gemeinschaftsordnung grundsätzlich für die Abrechnung bindend ist und jeder Eigentümer sich darauf verlassen können muss, dass einmal Vereinbartes Geltung hat und die Beteiligten bindet. Vorliegend ist die in der Teilungserklärung (oben erwähnte) Vereinbarung gem. §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass ein Teileigentümer bei einer wesentlichen Änderung der Wertverhältnisse seines Sondereigentums einen Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile hat (nicht nur auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels).
Ob und in welchem Umfang sich die Wertverhältnisse seit Abfassung der Teilungserklärung im konkreten Fall geändert haben, wurde vom Landgericht nicht aufgeklärt, so dass die Sache zum Zwecke weiterer Ermittlungen an das Landgericht zurückverwiesen werden mußte.
Aufzuklären sei auch noch die Frage der "Wesentlichkeit". Grundsätzlich sei bei Änderung der Größe der Miteigentumsanteile auch die Zustimmung dinglich Berechtigter erforderlich ( §§ 876, 877 BGB, BayObLGZ, 93, 166/168). Vorliegend sei eine solche Mitwirkung dinglich Berechtigter nicht geboten, da diese aufgrund der getroffenen Vereinbarung von Anfang an damit rechnen mussten, dass bei einer Änderung der Wertverhältnisse des jeweiligen Sondereigentums auch eine Verringerung der jeweiligen Miteigentumsanteile in Frage kommen könnte. Ihr Haftungsobjekt habe deshalb von vornherein unter der genannten Einschränkung gestanden.
2. Allein in einer entgegen dem Kostenverteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung über mehrere Jahre vorgenommenen Kostenaufteilung kann eine die Gemeinschaftsordnung abändernde Vereinbarung nicht gesehen werden (BayObLG, NJW 86, 385/386; WE 89, 178).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 27.09.1996, 2Z BR 80/96)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer