Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 2 WEG, § 1004 BGB

 

Kommentar

1.  Die Errichtung eines Zaunes auf gemeinschaftlichem Grundstück stellt eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar, sofern der Zaun weder in den Eigentumsbegründungsurkunden vorgesehen noch zur erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes erforderlich war. Hier von den Vorinstanzen festgestellte Nachteile im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG bestehen in der ungünstigen Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Wohnanlage. Der Zaun stellte im entschiedenen Fall einen Fremdkörper in der Anlage dar (vgl. auch BayObLG, WuM 1988, 96 zur Einzäunung eines Sondernutzungsrechts/Teilgrundstücks); vorliegend bestand für den zaunerstellenden Antragsgegner nicht einmal ein Sondernutzungsrecht an der der Wohnung vorgelagerten Rasenfläche.

2. Die Anpflanzung einer Hecke ist jedoch keine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, da sie nicht mit einer gegenständlichen Veränderung des gemeinschaftlichen Grundstücks verbunden ist. Durch eigenmächtige Anpflanzung wird jedoch in gemeinschaftliches Eigentum eingegriffen; es werden auch Miteigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigt, sodass grundsätzlich Beseitigungsverpflichtung nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG besteht. Es kann jedoch Duldungsverpflichtung nach § 1004 Abs. 2 BGB bestehen, insbesondere bei entsprechender Mehrheitsbeschlussgenehmigung als Rechtsgrundlage. Wird jedoch ein solcher genehmigender Beschluss in einem Parallelverfahren rechtskräftig für ungültig erklärt, verliert er mit rückwirkender Kraft seine Gültigkeit, was auch im anhängigen Verfahren zu berücksichtigen ist.

3. Beseitigungsansprüche kann im Übrigen auch ein einzelner Miteigentümer geltend machen.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 04.07.1991, BReg 2 Z 32/91)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Mit diesem Streit steht auch eine parallele Beschlussanfechtungsangelegenheit im Zusammenhang, entschieden durch das BayObLG - einen Tag früher -: BayObLG, Entscheidung v. 3. 7. 1991, Az.: BReg 2 Z 29/91. Nochmals wurde hier festgestellt, dass das Pflanzen einer Hecke auf gemeinschaftlichem Grundstück keine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG sei. Daneben wird festgestellt, dass über die gärtnerische Gestaltung des gemeinschaftlichen Grundstücks Wohnungseigentümer grundsätzlich durch Stimmenmehrheit beschließen könnten, sofern diese Gestaltung nicht schon verbindlich festgelegt sei (in Teilungserklärung, Aufteilungsplan oder Gemeinschaftsordnung). Ein darüber hinaus gefasster Eigentümerbeschluss sei aber für ungültig zu erklären, wenn Wohnungseigentümer durch die vorgesehene gärtnerische Gestaltung unbillig benachteiligt würden. Im vorliegenden Fall wurde ein entsprechender Beschluss für teilweise ungültig erklärt, da nicht ausreichend genug auf die Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums und auf das Interesse der Gesamtheit der Eigentümer Rücksicht genommen wurde. Gegen nachteilige Einwirkungen auf das Grundstück von der Straße her (insbesondere gegen Autoabgase) könne man sich zu Recht durch Heckenbepflanzung abschirmen. Im vorliegenden Fall beeinträchtige die Hecke auch nicht den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage nachteilig, da nicht von "offenem, parkähnlichem Charakter" des Grundstücks auf der Vorderseite gesprochen werden könne. Die Bepflanzung unmittelbar an der Grundstücksgrenze bringe i. ü. allen Eigentümern Vorteile, was Reinhaltung und Säuberung des Grundstücks beträfe.

Da der Beschluss einen teilbaren Inhalt habe, könne er auch teilweise für ungültig erklärt werden; es sei hier auch anzunehmen, dass die Eigentümermehrheit die nachträgliche Genehmigung der Hecke auch dann beschlossen hätte, wenn Eigentümern die Ungültigkeit des Beschlusses i. ü. bekannt gewesen wäre.

Dass die Pflanzung einer Grundstücksgrenzhecke nicht als bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums gewertet wurde (keine gegenständliche Veränderung des Grundstücks) überrascht mich doch, da auch Heckenpflanzen durch Verwurzelung mit dem Boden wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks werden dürften. Eine Hecke (auch in niedrig gehaltener Höhe, erst recht über 2 m) mag für den einen Sichtbehinderung, für den anderen Sichtschutz darstellen. Die Gesamtproblematik könnte hier m. E. stets über die Nachteilswirkung des § 14 Nr. 1 WEG (unter Abwägung der wechselseitigen Interessen je nach Einzelfall und Örtlichkeit) gelöst werden, wenn nachträglich auf Sondernutzungsflächen, aber auch über Mehrheitsbeschluss auf Gemeinschaftsflächen, Pflanzen solitär oder als Hecke gesetzt werden.

M. E. stellt jede nachträgliche in einer Gartenanlage erfolgende Pflanzung von gewisser Größenordnung eine gegenständliche Veränderung des Grundstücks und damit des Gemeinschaftseigentums dar, deren Zulässigkeit allein nach Kriterien der Nachteilswirkung für andere Miteigentümer beur...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?