Leitsatz

  • Bestandskräftige Genehmigung einer baulichen Veränderung (hier: Errichtung einer betonierten Rollstuhlrampe an einer Hausaußenwand unmittelbar unter einem Zimmerfenster); "Zitterbeschluss"

    Abänderungsanspruch nur bei grober Unbilligkeit und auch nur dann, wenn sich die Treuwidrigkeit aus neu hinzugetretenen Umständen ergibt

 

Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 242 BGB

 

Kommentar

1. Haben Eigentümer eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums (hier: Errichtung einer betonierten Rollstuhlrampe im Bereich zwischen einer Haus-Außenwand und einer Zugangstreppe) durch bestandskräftigen Eigentümerbeschluss genehmigt und in nachfolgender Versammlung den Antrag eines Eigentümers auf Verlegung der Rampe abgelehnt, kann die Abänderung des früheren Genehmigungsbeschlusses wegen grober Unbilligkeit grundsätzlich nur verlangt werden, wenn sich die Treuwidrigkeit aus neu hinzugetretenen Umständen ergibt (vorliegend verneint). Solche Umstände sind nicht gegeben, wenn ein Eigentümer schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung mit bestimmten Beeinträchtigungen gerechnet hat, deren Ausmaß aber erst im Laufe der Zeit zu Tage getreten ist.

2. Im vorliegenden Fall stand dem geltend gemachten Anspruch auf Beseitigung der Rampe gegen die errichtende Handlungsstörerin und gegen die übrigen Eigentümer als Zustandsstörer der bestandskräftige Beschluss entgegen, mit dem die Eigentümer den Bau der Rampe an ihrem derzeitigen Standort genehmigt hatten.

Der Umstand, dass Gegenstand der Beschlussfassung eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums war, die der Zustimmung aller Eigentümer bedurfte, hat grundsätzlich nicht die Nichtigkeit, sondern lediglich die Anfechtbarkeit des Beschlusses zur Folge (BayObLGZ 73, 78, 81; Staudinger/Bub, § 22 Rn. 44; Wenzel in Festschriften für Hagen, S. 231, 239). Sonstige Gründe, die zur Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses führen könnten, waren nicht ersichtlich.

3. Eine Abänderung oder Aufhebung eines Beschlusses kann nach § 242 BGB nur verlangt werden, wenn außerordentliche Umstände das Festhalten an der bestehenden Regelung als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen. In einem solchen Fall muss sich die Treuwidrigkeit grundsätzlich jedoch aus neu hinzugetretenen Umständen ergeben. Ansonsten muss die Rechtswidrigkeit eines Eigentümerbeschlusses durch Anfechtung gem. § 23 Abs. 4 WEG geltend gemacht werden. Neu hinzugetretene Umstände waren im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für diese Instanz von DM 8.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 29.03.2000, 2Z BR 159/99)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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