Leitsatz
Legt der VN zum Nachweis eines an Wellplatten der Dacheindeckung entstandenen Hagelschadens eine Stellungnahme des Herstellers der Wellplatten vor, nach der auf einer Seite der Welle die Streuschicht (eine pulverförmige Farbbeschichtung) "offensichtlich durch mechanische Einwirkung völlig abgetragen" gewesen sei, und dies bedeute, dass vermutlich durch einen Hagelschauer, der aus einer Richtung auf die Wellen eingewirkt habe, eine Wellenflanke bis auf den Grundscherben freigelegt worden ist, so muss sich das Gericht mit diesem näher substantiierten Vortrag zu Art und Entstehung des Schadens bei seiner Würdigung des erhobenen Beweises befassen.
Normenkette
§ 411 Abs. 3 ZPO
Sachverhalt
Der Kl. verlangt aus der bei den Bekl. bestehenden Sturm- und Hagelversicherung Entschädigungsleistung mit der Behauptung, bei einem am 05.07.1994 niedergegangenen Sturm- und Hagelwetter sei die Dachfläche des Stallgebäudes durch Hageleinwirkung beschädigt worden. Die Bekl. verweigerten Versicherungsleistungen. Sie haben unter Berufung auf ein von ihnen eingeholtes Gutachten bestritten, dass das Dach des Stalles durch Hagel beschädigt worden sei.
Das LG hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Kl. blieb erfolglos. Die Revision des Kl. führte zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (BG).
Entscheidung
Wie der BGH ausführt, nimmt das BG an, der Kl. habe nicht bewiesen, dass durch das Sturm- und Hagelereignis am 05.07.1994 der von ihm behauptete Schaden entstanden sei. Das folge aus dem Inhalt des bereits vom LG eingeholten Gutachtens des Sachverständigen S., der eine Ortsbesichtigung vorgenommen und sich bei der Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes des Daches mit den Plattenoberseiten und -beschichtungen befasst habe. Gründe für die Einholung eines neuen Gutachtens - so das BG weiter - lägen nicht vor. Das gelte selbst im Hinblick auf eine vom Kl. vorgelegte Stellungnahme des Dachplattenherstellers. Auch dem Antrag des Kl., den Sachverständigen zur Erläuterung des Gutachtens zu laden, sei nicht zu folgen gewesen. Der Antrag sei schon vom LG zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden.
Diese Ausführungen des BG halten nach der Entscheidung des BGH den Verfahrensrügen der Revision nicht stand:
Die Revision beanstande mit Recht, das BG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären, indem es von einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen abgesehen habe (§ 411 Abs. 3 ZPO).
Diese Vorschrift des § 411 Abs. 3 ZPO stelle die mündliche Anhörung des Sachverständigen zwar in das Ermessen des Gerichts; das Ermessen sei aber gebunden. Es müsse dahin ausgeübt werden, dass vorhandene Aufklärungsmöglichkeiten zur Beseitigung von Zweifeln und Unklarheiten des Gutachtens nicht ungenutzt bleiben dürften. Ein Antrag der beweispflichtigen Partei sei dazu nicht erforderlich. Ebensowenig stehe der Anordnung nach § 411 Abs. 3 ZPO entgegen, dass die Partei ihr Antragsrecht wegen Verspätung verloren habe. Anlass zu dieser Ermessensausübung könne insbesondere ein vorgelegtes Privatgutachten - als substantiierter Parteivortrag - sein. Einwände, die sich daraus gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergäben, müsse das Gericht ernst nehmen. Es müsse ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Dazu biete sich insbesondere auch die mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen an.
Der Kl. habe zur Stützung seiner Behauptung über einen am 5.7.1994 eingetretenen Hagelschaden eine Stellungnahme des Herstellers der Wellplatten vorgelegt. In ihr werde - nach Untersuchung einer vom Kl. zur Verfügung gestellten Dachplatte - festgestellt, dass auf einer Seite der Welle die Streuschicht (eine pulverförmige Farbbeschichtung) "offensichtlich durch mechanische Einwirkung völlig abgetragen" gewesen sei; das bedeute, dass vermutlich durch einen Hagelschauer, der aus einer Richtung auf die Wellen eingewirkt habe, eine Wellenflanke bis auf den Grundscherben freigelegt worden sei.
Mit diesem - durch die sachkundige Äußerung des Herstellers der Wellplatten - näher substantiierten Vortrag zu Art und Entstehen des Schadens habe sich das BG bei seiner Würdigung des erhobenen Beweises - also des Sachverständigengutachtens - befassen müssen. Das habe hier vorausgesetzt, dass das bereits vom LG eingeholte Gutachten dieses Vorbringen beachtet und sich seinerseits mit der darin bezeichneten Schadenart und -entstehung in erkennbarer und nachvollziehbarer Weise auseinandergesetzt habe. Die Auffassung des BG, das sei hier mit dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen S. geschehen, finde allerdings im Gutachten selbst keine ausreichende Grundlage.
Aus den vom BG hierzu in den Vordergrund gerückten Auszügen aus dem Gutachten sei nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen, dass sich der Sachverständige mit der Frage einer mechanischen Einwirkung auf die Streuschicht der Wellplatten und einem dadurch ausgelösten Schaden näher - d. h. mit ...