Elementarschäden: Bundesrat drängt auf Pflichtversicherung
Der Bundesrat hat am 14.6.2024 einen Entschließungsantrag verabschiedet, in dem er auf die jüngsten Extremwetterereignisse und Großschadenslagen durch Hochwasser verweist. In dem Antrag wird erneut die dringende Notwendigkeit unterstrichen, "schnellstmöglich eine flächendeckende Elementarschadenpflichtversicherung einzuführen".
Ziel müsse es sein, eine wirksame finanzielle Absicherung gegen die massiven materiellen Schäden zu schaffen und gleichzeitig die Steuerzahler, die für die Unterstützung nicht abgesicherter Hauseigentümer aufkommen müssten, zu entlasten.
Über eine bundesweite Pflichtversicherung gegen Elementarschäden an Gebäuden wird seit Jahren diskutiert. Am 20. Juni wollen die Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darüber beraten.
Elementarschadenpflichtversicherung: Anhörung im Bundestag
In der Bundesregierung ist die Einführung einer Pflichtversicherung umstritten. Politiker der FDP haben sich dazu bisher skeptisch geäußert, auch Justizminister Marco Buschmann ist dagegen, SPD und Grüne sind grundsätzlich offen dafür.
Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit Vorschlägen für eine Elementarschadenversicherung war am 11.3.2024 Thema in einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags. Für die Eigentümerseite war Dr. Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, eingeladen. Er begrüßte die Idee der Union, die Versicherungsquote zu erhöhen und den Staat als Rückversicherer in einem risikobezogenen Prämiensystem zu etablieren. In den Mittelpunkt der Diskussion müsse allerdings der Präventionsgedanke gerückt werden, sagte Warnecke, der auf Vorschlag der FDP-Fraktion teilnahm.
Antrag CDU/CSU: Elementarschadenversicherung fit für die Zukunft machen
Anhörung im Rechtsausschuss: Sachverständigenliste und Stellungnahmen
Elementarschadenversicherung: Dauerthema im Bundesrat
Der Bundesrat hatte bereits am 31.3.2023 einstimmig beschlossen, dass eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden bundesweit gelten solle und forderte die Bundesregierung auf, einen Vorschlag für eine Regelung vorzulegen. Die Belastung im Schadensfall sei um ein Vielfaches höher als die Beiträge und könne – wie die Flut im Sommer 2021 gezeigt habe – teilweise sogar existenzbedrohend sein, schrieb der Bundesrat in der ersten Entschließung.
"Der Bundesrat stellt fest, dass die Versicherung von privaten Gebäuden gegen Elementarschäden noch nicht ausreichend ist und Handlungsbedarf besteht", heißt es in dem Beschluss. Die Einführung einer Versicherungspflicht innerhalb eines vom Gesetzgeber auszugestaltenden Korridors sei auch verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen. Zuvor hatten die Justizminister der Länder geprüft, ob eine Versicherungspflicht verfassungsgemäß wäre und dies bejaht – "insbesondere, wenn substantielle Selbstbehalte oder vergleichbare Instrumente vorgesehen werden, die zudem versicherungsinhärent zur Vermeidung von Fehlanreizen hinsichtlich der Eigenvorsorge sachgerecht erscheinen."
Entschließung "Bundesweite Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung"
Pflichtversicherung – was heißt das für Hauseigentümer?
Auch bei verfassungskonformer Umsetzung hätte eine Pflichtversicherung laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) enge Grenzen.
Die Prämien für Elementarschadenversicherungen orientieren sich an der Gefährdungsklasse des jeweiligen Gebäudes. In der niedrigsten Stufe gibt es Versicherungen für weniger als 100 Euro, wie aus Daten der Stiftung Warentest und Vergleichsportalen hervorgeht. In der höchsten Klasse können Prämien von mehreren hundert Euro pro Jahr anfallen. Oft übernehmen Versicherer demnach nicht das vollständige Risiko. Es könnten hohe Selbstbehalte anfallen.
Beim Risiko landen etwa Häuser in Gegenden, in denen es mindestens einmal in zehn Jahren zu Hochwasser kommt, in der höchsten Gefährdungsklasse; bei Starkregen werden Gebäude im Tal in der Nähe eines Baches in die teuerste Klasse eingestuft. Wie hoch die tatsächlichen Mehrkosten für Eigentümer wären, hängt laut GDV von der Ausgestaltung des Gesetzes ab.
Samariterdilemma: Warum Elementarschäden versichern?
Eine Gebäudeversicherung zahlt Sturmschäden am Haus, etwa abgedeckte Dächer, und kommt auch für Folgeschäden auf, wenn zum Beispiel durch das vom Sturm beschädigte Dach Regen eindringt und Wände oder Fußböden beschädigt werden. Schäden durch Grundwasser, Hochwasser oder Regen – wie vollgelaufene Keller – sind in der Regel nicht versichert. Nur, wenn auch Elementarschäden abgesichert wurden, besteht umfassender Versicherungsschutz.
Mit einer Elementarschadenversicherung können sich Hausbesitzer vor den finanziellen Folgen extremer Naturgefahren wie Starkregen, Überschwemmung oder Hochwasser schützen.
Die Ökonomen Clemens Fuest und Marcel Thum vom Ifo-Institut in München sehen das Hauptargument für eine Pflichtversicherung im Samariterdilemma des Staates: Ist ein Elementarschaden eingetreten und sind die betroffenen Gebäude nicht versichert, werden Steuergelder locker gemacht. "In der Abwägung zwischen teurer Versicherung und dem Risiko, unversichert einen Schaden zu erleiden, fällt die Entscheidung oft gegen eine Versicherung aus", so Fuest und Thum – und das umso eher, je größer die staatliche Hilfe sei.
Durch Sturm, Hagel und Starkregen sind im Jahr 2023 versicherte Schäden von insgesamt 5,7 Milliarden Euro entstanden – 1,7 Milliarden Euro mehr als 2022, wie GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen am 27.5.2024 mitteilte. Dem Verband zufolge sind im Bundesdurchschnitt bisher nur 54 Prozent aller Wohnhäuser gegen alle Naturgefahren versichert.
Pflichtversicherung: Bundesregierung am Zug
Laut einer Mitteilung aus dem Bundesrat, liegt die geringe Versicherungsquote bei Elementarschäden insbesondere an den kostenintensiven Prämien in Gebieten mit höherem Risiko. Ziel müsse es sein, für die Betroffenen eine wirksame finanzielle Absicherung gegen die massiven materiellen Schäden zu schaffen, bei der auch die Bezahlbarkeit für alle gewährleistet ist.
Die neue Entschließung des Bundesrates wurde nun der Bundesregierung zugestellt. Sie entscheidet, ob und wie sie den Forderungen der Länder nachkommt. Feste Fristen dafür gibt es nicht.
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