Katharina Haslach, Birgit Zimmermann
Rz. 15
Bei Kleingratifikationen ist die Rechtsprechung vor der Einführung des § 4a EFZG davon ausgegangen, dass diese von den Kürzungsmöglichkeiten ausgenommen waren. Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung war, dass die Kürzungsmöglichkeit ihr Ziel verfehlt, wenn die Sondervergütung insgesamt so gering ist, dass eine Kürzung keinen Einfluss auf das Krankheitsverhalten des Arbeitnehmers nehmen könne. Der Verlust von wenigen Euro pro Fehltag könne einen Arbeitnehmer bei seiner Entscheidung nicht beeinflussen, ob er trotz Krankheitssymptomen seine Arbeitsfähigkeit bejaht und zur Arbeit geht oder den Arzt aufsucht.
Die Einbeziehung der Kleingratifiktion unter der Geltung des § 4a EFZG ist in der Literatur umstritten. Rechtsprechung des BAG zu § 4a EFZG fehlt insofern bislang. Festzuhalten ist allerdings, dass der Gesetzgeber die frühere Rechtsprechung zur Kleingratifikation nicht aufgegriffen, sondern nur eine Obergrenze hinsichtlich der Kürzungsmöglichkeit getroffen hat. Hat der Gesetzgeber aber die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kürzungsmöglichkeiten von 1/30 bzw. 1/60 zulasten des Arbeitgebers eingeschränkt, spricht nichts dafür, dass er sich hinsichtlich einer Mindesthöhe der Zahlung im Unklaren war bzw. die bisherige Rechtsprechung aufrechterhalten wollte. Der Gesetzgeber hat vielmehr nicht nur die Rechtsprechung umgesetzt, sondern einen völlig neuen Maßstab gesetzt. Deshalb dürfte auch eine Sondervergütung, die als "Kleingratifikation" zu beurteilen ist, einer Kürzungsvereinbarung nach § 4a EFZG zugänglich sein.