Leitsatz

Die Einsetzung eines Pflegeheims als alleiniger Nacherbe ist nicht gem. §§ 14 HeimG, 134 BGB nichtig, wenn die Testamentserrichtung vor dem zum 01.01.1975 erfolgten Inkrafttreten des HeimG vom 07.08.1974 vorgenommen wurde. Eine Rückwirkung entfalten die Vorschriften nach den Übergangsregeln in § 23 HeimG nicht.

 

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist das Pflegeheim, das die Erblasserin mit notariellem Testament vom 16.07.1974 als alleinigen Nacherben ihres vorverstorbenen Sohnes eingesetzt hatte. Es wendet sich gegen die Einziehung des zu seinen Gunsten erteilten Erbscheins.

 

Entscheidung

Die befristete Beschwerde ist zulässig und begründet. Gem. Art. 111, 112 FGG-RG richtet sich das Verfahren nach dem FamFG.

Der Zulässigkeit steht insbesondere § 353 Abs. 2 FamFG nicht entgegen, da die Beschwerde gegen den Einziehungsbeschluss als Antrag auf Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbscheins auszulegen ist. Nachdem der Erbschein mit Einziehung kraftlos wurde (§ 2361 Abs. 1 Satz 2 BGB), würde eine Aufhebung des Einziehungsbeschlusses dazu führen, dass der ursprünglich eingezogene Erbschein wieder herauszugeben sei, was wegen der Gutglaubensfunktion (§§ 2365 ff. BGB) nicht möglich ist.

Auch in der Sache hat die Beschwerde Erfolg, da die Nacherbeneinsetzung nicht gem. § 134 BGB i.V.m. § 14 LHeimG B-W (bzw. früher § 14 HeimG) unwirksam ist. Der Erbschein war mithin nicht gem. § 2361 BGB einzuziehen.

Das HeimG vom 07.08.1974 trat gem. § 25 HeimG am 01.01.1975 in Kraft. Eine Rückwirkung wurde ihm in den Übergangsvorschriften in § 23 HeimG - auch bzgl. § 14 HeimG - nicht beigemessen. Das LHeimG B-W stammt vom 10.06.2008. Der dortige § 14 hat nicht § 14 HeimG ersetzt. Damit erfolgte die Testamentserrichtung am 16.07.1974 vor Verkündung und Inkrafttreten des HeimG, so dass ein Verstoß gegen dieses mit der Folge der Nichtigkeit gem. § 134 BGB nicht vorlag.

Für die Anwendbarkeit des § 134 BGB auf letztwillige Verfügungen kommt es jedoch allein auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung bzw. des Abschlusses des Erbvertrags an. Rückwirkend nichtig wird ein Rechtsgeschäft durch ein später erlassenes Verbotsgesetz nur dann, wenn sich dies ausdrücklich und zulässig Rückwirkung beilegt, was im HeimG gerade nicht geschehen ist.

Allein beim Vermächtnis sah sich der Gesetzgeber veranlasst, auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen (§ 2171 Abs. 1 BGB), da hierdurch der schuldrechtliche Anspruch begründet wird, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstandes zu fordern. Dem entspricht die Auffassung, dass aus einem ursprünglich rechtmäßigen und später verbotenen Rechtsgeschäft analog § 275 BGB keine Erfüllungsansprüche mehr hergeleitet werden können.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.06.2010, 8 W 241/10

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