Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 WEG, § 23 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG
Kommentar
Ein Eigentümerbeschluss, der für Wohngeldrückstände 36,5% p.a. Zinsen vorsieht, ist wegen absoluter Unzuständigkeit der Eigentümerversammlung nichtig. Die Vorgerichte hatten den Beschluss noch als sittenwidrig angesehen und deshalb nur Zinsen in Höhe von 20% p.a. zugebilligt.
Nach Meinung des BayObLG sei der Beschluss wegen Unzuständigkeit der Eigentümerversammlung gänzlich nichtig; es könnte nur der gesetzlich zulässige Verzugszinssatz von 4% p.a. zugesprochen werden. Die Festsetzung von Zinsen in genannter Höhe, die eindeutig strafenden Charakter habe, liege nicht mehr in der Entscheidungskompetenz der Eigentümer, wenn ein Beschluss die Verzinsung von rückständigen Wohngeldern in einer Höhe vorsehe, die erkennen lasse, dass damit im Wesentlichen auf einen pauschalierten Schadenersatz abgezielt werde. Ein solcher Zinssatz laufe auf eine über die gesetzlichen Zahlungspflichten hinausgehende zusätzliche finanzielle Verpflichtung der Wohnungseigentümer hinaus, die nicht mit Mehrheit beschlossen werden könne. Es könnten zwar Geldstrafen vorgesehen werden, die durch Mehrheitsbeschluss verhängbar seien. Allerdings setze dies eine entsprechende Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG voraus. Eine entsprechende Sanktion müsse deshalb in einer Gemeinschaftsordnung vorgesehen sein. Aus der Tatsache, dass Vereinbarungen über einen Gegenstand zulässig seien, könne nicht allgemein abgeleitet werden, dass Eigentümer in einer Versammlung dann auch ohne entsprechende Vereinbarung für die Beschlussfassung zuständig wären. Diese Fälle seien nicht vergleichbar mit Geldstrafensanktionen für etwaige Verstöße gegen Gebrauchsregelungen nach § 15 Abs. 2 WEG oder gegen eine Hausordnung ( § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG). Das Gesetz habe keine Zuständigkeit einer Eigentümerversammlung vorgesehen, bei nicht rechtzeitiger Erfüllung von Zahlungspflichten nach § 16 WEG zusätzliche Zahlungspflichten mit Strafcharakter festzusetzen. Das Gericht stimme damit auch mit der Entscheidung des OLG Celle (ZMR 1985, 103) überein. Durch die Entscheidung sei jedoch den antragstellenden Eigentümern nicht die rechtliche Möglichkeit abgeschnitten, einen etwaigen weiteren Verzugsschaden noch geltend zu machen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 10.10.1985, BReg 2 Z 2/85)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Ob das Gericht von einer absoluten Unzuständigkeit der Gemeinschaft für die genannte Beschlussfassung ausgehen musste, darf bezweifelt werden. Allerdings wäre auch über eine Nichtigkeitsfeststellung nach § 138 Abs. 1 BGB die gleiche Rechtsfolge eingetreten.