Dr. iur. Barbara Mayer, Dr. Ben Steinbrück
Leitsatz
Problemstellung
Die Gesellschafter einer GmbH unterliegen grundsätzlich keinem Wettbewerbsverbot, d.h. ohne ein entsprechendes Verbot in der Satzung sind sie nicht daran gehindert, eine Konkurrenztätigkeit aufzunehmen. Nur in Ausnahmefällen lässt sich ein Wettbewerbsverbot allein aus der allgemeinen Treuepflicht des Gesellschafters ableiten, so etwa wenn der Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer ist oder die Gesellschaft aufgrund seiner Beteiligung (rechtlich oder auch faktisch) beherrschen kann. Andere Gesellschafter können nur vertraglich verpflichtet werden, Konkurrenztätigkeiten zu unterlassen.
Wenn die Gesellschafter selbst Unternehmer bzw. Unternehmen sind, werden mitunter besonders umfangreiche Wettbewerbsverbote in die Satzung aufgenommen, um zu verhindern, dass der GmbH durch Konkurrenztätigkeiten von Gesellschaftern Geschäftschancen entgehen. In diesen Fällen muss sehr genau darauf geachtet werden, dass das Wettbewerbsverbot nach Gegenstand, Ort und Zeit nicht über die schützenswerten Interessen der GmbH hinausgeht und den verpflichteten Gesellschafter nicht übermäßig beschränkt.
Ob ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot diesen Anforderungen entspricht, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei sind die beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung des mit dem Wettbewerbsverbot verfolgten Zwecks gegeneinander abzuwägen. Unzulässig sind etwa umfassende Branchenschutzklauseln, die sich auf den gesamten Aufgabenbereich der Gesellschaft beziehen. Denn sie begründen ein Tätigkeitsverbot in der gesamten Branche der Gesellschaft und kommen damit einem Berufsverbot gleich. Dagegen ist es zulässig, einem Gesellschafter zu untersagen, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung der Gesellschafterstellung Mandate von solchen Auftraggebern zu übernehmen, die während der letzten drei Jahre vor seinem Ausscheiden zur Klientel der Gesellschaft gehört haben.
Unverhältnismäßige Wettbewerbsverbote sind regelmäßig nichtig. Nach der neuen Entscheidung des OLG München gilt dies auch dann, wenn in der Satzung vorgesehen ist, dass der betroffene Gesellschafter durch Gesellschaftsbeschluss von dem Wettbewerbsverbot befreit werden kann.
Entscheidung des OLG München
Die Klägerin, eine Holding-GmbH, machte gegen einen ihrer Gesellschafter mit einem Stammkapitalanteil von 20% einen Vertragsstrafenanspruch wegen Verstoßes gegen ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot geltend. Nach dem Wettbewerbsverbot war dem Beklagten nicht nur jegliche Tätigkeit in einem Betrieb, der mit dem Betrieb einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft der Klägerin in Wettbewerb steht, verwehrt, sondern darüber hinaus auch jegliche Tätigkeit in einem Betrieb, der dem Betrieb einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft der Klägerin gleichartig ist oder mit ihm in Wettbewerb stehen könnte oder im wesentlichen Umfang Geschäftsbeziehungen mit einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft der Klägerin unterhält. Dieses ausgedehnte Wettbewerbsverbot war nach Ansicht des OLG München nicht gerechtfertigt und damit ebenso wie die dazugehörige Vertragsstrafenregelung nichtig, da es über die schutzwürdigen Interessen der GmbH hinausging. Daran änderte auch die Regelung im Gesellschaftsvertrag nichts, wonach durch Gesellschafterbeschluss Befreiung von dem Wettbewerbsverbot erteilt werden kann. Die Richter argumentierten, dass der Beklagte nach dem Gesellschaftsvertrag keinen Anspruch darauf habe, im Einzelfall eine solche Befreiung zu erhalten. Er könne lediglich gegen einen ablehnenden Gesellschafterbeschluss gerichtlich vorgehen. Bis zum rechtskräftigen Ausgang des Gerichtsverfahrens sei er aber daran gehindert, sein von den übrigen Gesellschaftern abgelehntes Projekt nachhaltig zu verfolgen.
Hinweis
Bei der Beurteilung von gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverboten legen die deutschen Gerichte einen strengen Maßstab an. Die Entscheidung des OLG München belegt dies einmal mehr. Öffnungsklauseln, nach denen die Gesellschafter im Einzelfall eine Befreiung von dem Wettbewerbsverbot erteilen können, reichen danach nicht aus, um ein im Übrigen zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot zu rechtfertigen. Der betroffene Gesellschafter muss der Satzungsregelung vielmehr selbst entnehmen können, welche Konkurrenztätigkeiten ihm untersagt sind. Ist eine Verbotsklausel in räumlicher oder gegenständlicher Hinsicht unverhältnismäßig, kann sie auch nicht auf das rechtlich zulässige Maß beschränkt werden. Eine solche geltungserhaltende Reduktion ist nur dann möglich, wenn das Wettbewerbsverbot allein das zeitlich zulässige Maß überschreitet.
In der Praxis empfiehlt es sich daher, Wettbewerbsverbote in einer GmbH-Satzung eher eng zu fassen. Sie sollten sowohl in gegenständlicher als auch in räumlicher Hinsicht auf die Gebiete beschränkt werden, in denen die GmbH ihre Hauptaktivitäten entfaltet. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind regelmäßig auf zwei Jahre zu begrenzen. Ein längeres Wettbewerbsverbot dürfte alle...